In der Vergangenheit hat sich die Zusammenarbeit der neutralen Schweiz mit der Nato auf friedensunterstützende Operationen konzentriert. Seit 1996 beteiligt sie sich an der «Partnerschaft für den Frieden», seit 1999 ist sie Teil der «Kosovo Force» (KFOR), die von der Nato geführt wird.
Darüber hinaus nimmt die Schweiz jedes Jahr an rund sieben Übungen der Nato teil – aktiv oder als Beobachterin. Die Partnerschaft mit der Nato sei aber «nicht auf die Verteidigung ausgerichtet», hat der Bundesrat bislang festgehalten.
«Engere und bessere» Zusammenarbeit
Doch der Ausbruch des Kriegs in der Ukraine im Februar 2022 hat alles verändert. Bereits im Mai 2022 vereinbaren Verteidigungsministerin Viola Amherd und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bei einem Treffen am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos, «enger und besser» zusammenzuarbeiten.
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Bild 1 von 7Legende: Bernard G. Hoffmann, stellvertretender Direktor und Stabschef des Nato Cooperative Cyber Defence Centre of Excellence, begrüsst Bundespräsidentin Viola Amherd in Tallinn, Estland, im Februar 2024. Keystone/Peter Klaunzer
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Bild 2 von 7Legende: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg mit Viola Amherd während eines bilateralen Treffens am Rande des WEF in Davos im Januar 2024. Keystone/POOL/Laurent Gilliero
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Bild 3 von 7Legende: Eine Premiere: Im März 2023 nimmt mit Amherd zum ersten Mal ein Mitglied des Bundesrats in Brüssel an einer Sitzung der Nato teil. Nato
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Bild 4 von 7Legende: Jens Stoltenberg und Viola Amherd bei bilateralen Gesprächen im House of Switzerland während des WEF in Davos im Jahr 2022. Keystone/Laurent Gillieron
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Bild 5 von 7Legende: Seit Oktober 1999 beteiligt sich die Schweizer Armee mit der Swisscoy an der internationalen Friedensmission «Kosovo Force» (KFOR) im Kosovo. Dieses Engagement beruht auf der UNO-Resolution 1244. Keystone/Jean-Christophe Bott
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Bild 6 von 7Legende: Von links: Bundesrat Adolf Ogi, Generalstabschef Arthur Liener und Botschafter Anton Thalmann am 1. Mai 1997 an einer Konferenz in Bern zur «Partnerschaft für den Frieden». Keystone/Edi Engeler
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Bild 7 von 7Legende: Der Schweizer Aussenminister Flavio Cotti unterzeichnet am 11. Dezember 1996 im Nato-Hauptquartier in Brüssel die «Partnerschaft für den Frieden». Neben ihm sitzt Nato-Generalsekretär Javier Solana. Keystone/AP Photo/Thierry Charlier
Im September 2022 spricht der Bundesrat im Zusatzbericht zum Sicherheitspolitischen Bericht 2021 erstmals von «Ausbaumöglichkeiten»: «Eine Beteiligung an Übungen zur gemeinsamen Verteidigung könnte im Einzelfall geprüft werden», die Schweiz könnte «auf bisherige, selbst gewählte Beschränkungen verzichten», stellt er fest.
Im März 2023 nimmt mit Amherd zum ersten Mal ein Mitglied des Schweizer Bundesrats in Brüssel an einer Sitzung der Nato teil. Generalsekretär Stoltenberg gibt in einem Interview preis, dass die Schweiz mit der Bitte an die Nato herangetreten sei, an «mehreren Übungen» teilnehmen zu können.
Die Frage nach dem Schweizer Beitrag
Die Nato zeigt sich reserviert. «Mehrere Verbündete haben Vorbehalte, weil die Schweiz ihnen nicht erlaubt hat, Munition an die Ukraine weiterzugeben», erklärte Stoltenberg. Die Nato habe ihr klargemacht, dass die Schweiz «zur europäischen Sicherheit beitragen soll», sagte Amherd nach dem Treffen.
Ob es eine Artikel-5- oder eine allgemeine Übung ist, macht nicht so einen grossen Unterschied.
Für Armeechef Thomas Süssli ist fortan selbst eine Teilnahme an Übungen nach Artikel 5 des Nato-Vertrags, in denen die gemeinsame Verteidigung eines angegriffenen Nato-Mitglieds simuliert wird, kein Tabu mehr. «Ob es jetzt eine Artikel-5- oder eine allgemeine Übung ist, macht für uns nicht so einen grossen Unterschied», erklärte er gegenüber SRF.
Ende Januar 2024 wird der Bundesrat im Bericht zur «Verteidigungsfähigkeit und Kooperation» konkret. «In jedem Fall ist die Intensivierung von Übungen zu fördern», gibt er bekannt, und zwar «über die gesamte Bandbreite der Fähigkeiten». Was er in der Vergangenheit ausgeschlossen hat, wird nun zum Ziel: die «Teilnahme an Übungen zur gemeinsamen Verteidigung». Dies müsste «allerdings von der Nato im Einzelfall genehmigt werden» und sei daher «keineswegs garantiert».
Um mit Milizformationen an solchen Übungen teilnehmen zu können, müssten zudem zuerst die Rechtsgrundlagen in der Schweiz angepasst werden.