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Weisser Turm von Mulegns Probleme beim Bau des höchsten 3D-gedruckten Turms der Welt

Der «Weisse Turm von Mulegns» wird das höchste 3D-gedruckte Bauwerk der Welt, doch Verzögerungen prägen das Projekt.

Es soll nicht weniger als das höchste 3D-gedruckte Bauwerk der Welt werden: der «Weisse Turm von Mulegns». Die Kulturstiftung Origen will zusammen mit der ETH Zürich einen Touristenmagneten schaffen und das Dorf Mulegns GR am Julierpass mit seinen noch 13 Einwohnern wieder zum Leben erwecken.

Wir als Bauherren haben die Komplexität dieses Projektes unterschätzt.
Autor: Giovanni Netzer Intendant der Kulturstiftung Origen

Doch bis zur Fertigstellung des Turms wird es noch etwas dauern. Diese Woche wurde das vierte und höchste Stockwerk – ein filigraner Säulenkranz – errichtet, das technisch besonders anspruchsvoll ist.

Ein Kran hebt ein Bauteil in die Höhe.
Legende: Die vierte und höchste Etage wird mit einem Kran montiert. Nova Fundaziun Origen/Benjamin Hofer

Ursprünglich plante Bundesrat Guy Parmelin, den Turm Ende Juni einzuweihen. Allerdings wurde die Eröffnung zunächst auf Ende September und schliesslich auf Mai 2025 verschoben.

Wo liegt das Problem?

«Wir haben als Bauherren die Komplexität dieses Projekts unterschätzt», räumt Giovanni Netzer, Intendant der Kulturstiftung Origen, ein. «Ich war sicher sehr naiv.» Am Anfang habe man den Eindruck gehabt, «man druckt diese Säulen aus, stellt sie aufeinander und das war's».

Ein Faktor, der den Bau erschwerte und verzögerte, waren die «architektonischen Extravaganzen», die man sich erlaubt habe, erklärt Netzer.

Bild von Giovanni Netzer
Legende: Giovanni Netzer: Bauherr des Weissen Turms und Intendant der Kulturstiftung Origen. SRF

Weitere Gründe für die Verzögerungen sind Optimierungen bei der Herstellung der Elemente, für die weniger Material als geplant verbraucht werden soll, wie die Verantwortlichen im Sommer in einer Mitteilung geschrieben haben. Zudem sei am künftigen Standort des Turms unerwartet ein natürliches Asbestvorkommen entdeckt worden.

Der Turm kostet durch die Verzögerungen nun rund 3.4 Millionen Franken – etwa zehn Prozent mehr als ursprünglich geplant.

So wird gebaut

Das Design des Weissen Turms wurde mit der ETH entwickelt, inspiriert von einer mehrstöckigen Zuckerbäcker-Torte – ein historischer Bezug zur Region.

Die Elemente sollten so filigran wie möglich sein und gleichzeitig hohl. Die Armierungseisen seien ausserdem in den Prozess integriert worden, erklärt Benjamin Dillenburger, Leiter der digitalen Bautechnologie am Architekturdepartement der ETH Zürich. «Das haben wir jetzt erfolgreich realisiert, trotz eines grösseren Entwicklungsaufwands. Sodass wir hier eine hohle Säule haben, die nur 40 Millimeter Betonstruktur hat.»

Bild des Leiters der digitalen Bautechnologie am Architekturdepartement der ETH Zürich.
Legende: Benjamin Dillenburger, Leiter der digitalen Bautechnologie am Architekturdepartement der ETH Zürich. SRF

Gewundene Säulen bilden die Tragstruktur des filigranen Gebäudes. Diese Elemente werden an der ETH gedruckt, in Savognin GR zusammengeschraubt und dann nach Mulegns gebracht.

Lastwagen mit einem Bauteil
Legende: Ein Teil des Weissen Turms wird per Lastwagen von Savognin nach Mulegns transportiert. Nova Fundaziun Origen/Benjamin Hofer

Für den «Weissen Turm von Mulegns» trägt ein Roboter den weichen Beton Schicht für Schicht auf. Laut ETH und Origen entsteht hier neues Knowhow, das im Bauwesen künftig vermehrt eingesetzt werden soll.

Durch den Einsatz von Robotern kann während der Bauphase auf eine Verschalung verzichtet werden, wodurch nur noch die Hälfte an Beton benötigt wird im Vergleich zu herkömmlichen Bauweisen. In nur zwei Stunden ist eine drei Meter hohe Säule fertig gedruckt.

Bild einer Halle wo Teile gedruckt werden.
Legende: Die Teile für den Turm werden an der ETH Zürich gedruckt. Nova Fundaziun Origen/Benjamin Hofer

Der Turm am Julierpass soll an die Emigration von Bündner Zuckerbäckern im Mittelalter und deren Spitzen-Ruf im Ausland erinnern. Im 15. Jahrhundert war das Leben in jenen Bergen so hart, dass namentlich aus dem Engadin und den angrenzenden Südtälern manche vor Hunger ins Ausland gingen. Karriere machten sie in ganz Europa, zum Beispiel in Venedig, wo ihre kulinarischen Künste hochgeschätzt wurden.

Tagesschau, 30.9.2024, 19:30 Uhr ; 

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