Bundesrat Beat Jans sagte es in der Nationalratsdebatte klar: Die Situation im Asylbereich in der Schweiz hat sich in den letzten Monaten eher entspannt. Im Vergleich zu den beiden Vorjahren sind die Gesuche im August um mehr als ein Viertel zurückgegangen.
Bei der Unterbringung der Asylsuchenden gebe es keine Not mehr wie in früheren Jahren, sagt auch Kommunikationschef Daniel Bach vom Staatssekretariat für Migration SEM. «Wir haben einen einigermassen entspannten Herbst vor uns.»
Viele reisen sehr schnell wieder aus der Schweiz ab, wenn sie merken, dass hier ein sehr schnelles Verfahren droht.
Allerdings: Die Frage sei, wie krisenresistent das Asylsystem sei – also, ob es auch noch funktioniert, wenn die Zahl der Asylgesuche wieder steigen sollte.
Beschleunigung bringt Entlastung
Das SEM sieht mehrere Gründe dafür, dass weniger Asylgesuche gestellt werden. So kamen aus der Türkei weniger Menschen. Vor einem Jahr waren dort Wahlen, danach stellten viele türkische Staatsangehörige in ganz Europa Asylgesuche, auch in der Schweiz.
Zudem hat in den letzten Wochen der Zustrom über die Mittelmeerroute nachgelassen. Das habe auch mit dem Migrationsabkommen zwischen Italien und Tunesien zu tun, so Bach. «Viele reisen sehr schnell wieder aus der Schweiz ab, wenn sie merken, dass hier ein sehr schnelles Verfahren droht.»
Insgesamt ist die Zahl der Asylgesuche von Personen aus dem Maghreb zwar nicht zurückgegangen. Doch die Verfahren im sogenannten 24-Stunden-Modus dauern im Schnitt bloss 17 Tage, was laut SEM in den Bundesasylzentren eine gewisse Entlastung bringe.
Die Gesuchsteller nutzen die Asylzentren also nicht mehr als Wochenend-Hotel. Sie reisen zügig wieder ab – wohin, ist allerdings unklar.
Im Moment haben die Kantone noch einige freie Plätze.
Dass die Grenzkontrolleure von Deutschland vermehrt irreguläre Migranten zurückweisen, habe die Zahl der Asylgesuche in der Schweiz ebenfalls kaum beeinflusst. Die Abgewiesenen kämen danach nicht in die Schweiz, sondern versuchten es in anderen Ländern.
Beim SEM rechnet man für das laufende Jahr erneut mit etwa 30'000 Asylgesuchen, vielleicht seien es sogar «nur» 28'000.
Entspannung in den meisten Kantonen
Auch in den Kantonen gebe es zurzeit etwas Luft, sagt Jris Bischof, Leiterin des Fachbereichs Migration bei der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren. «Im Moment haben die Kantone noch einige freie Plätze.» Die Kantone sind für die Unterbringung und Betreuung der Asylsuchenden zuständig.
Doch noch immer seien manche Unterkünfte voll belegt. In den meisten Kantonen stehe das Ampellicht entweder auf grün oder orange, so Bischof. «Doch in einigen Kantonen steht die Ampel weiterhin auf rot.» Diese Kantone haben also keine freien Unterbringungsplätze für Asylsuchende mehr.
Sowieso zeige sich eine Entspannung bei der Anzahl Asylgesuchen auf Landesebene in den Kantonen erst mit einiger Verzögerung, so Bischof. «Wir hoffen, dass es im Winter ruhiger bleibt und sich die Gesuchszahlen im jetzigen Rahmen bewegen.»
Das SEM und die Kantone gehen insgesamt davon aus, dass die Zahl der Asylgesuche im Laufe Herbst Winter wieder steigt – auf welches Niveau bleibt offen. Dies hängt auch davon ab, wie sich die bekannten Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten entwickeln.