Die Aussichten waren gut: Für das laufende Jahr rechnete der Bund ursprünglich mit 23.6 Milliarden Franken Einnahmen aus der Mehrwertsteuer.
Inzwischen ist jedoch klar, dass diese Rechnung nicht aufgeht, wie Joel Weibel von der Eidgenössischen Steuerverwaltung einräumt: «Es zeichnet sich ab, dass die Einnahmen unter diesem Budget liegen werden. Und entsprechend reduzieren sich dann natürlich auch die Zahlungen an die zweckgebundenen Töpfe.»
Weniger Zahlungen an AHV und IV
Mit den zweckgebundenen Töpfen ist unter anderem die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) gemeint, in die jährlich ein festgelegter Anteil aus der Mehrwertsteuer fliesst. Mit weniger Geld vom Bund muss auch die Invalidenversicherung IV rechnen. Denn der Beitrag des Bundes an die IV ist an die Entwicklung bei den Einnahmen aus der Mehrwertsteuer gekoppelt.
Noch weiter schrumpfen könnten die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer, wenn sich ein Vorschlag des Walliser CVP-Ständerats Beat Rieder durchsetzt: Firmen, die von der Corona-Krise betroffen sind, sollen einen Mehrwertsteuerrabatt erhalten, so seine Idee. Je stärker der Umsatzrückgang, desto höher soll der Rabatt ausfallen.
Konkurse verhindern durch Steuerrabatt
Auf diese Weise liessen sich Konkurse verhindern, argumentiert Rieder. Zudem könnten auch die Firmen davon profitieren, die nicht unter die bestehende Härtefallregelung fallen: «Auch Unternehmen, die Umsatzeinbussen haben, aber nicht in der Höhe, dass sie in den Genuss von Härtefallgeldern kommen, würden hier profitieren – allerdings graduell, je nach Einbussen.»
Dieser Mehrwertsteuerrabatt solle die Härtefallregelung ablösen, die Ende 2021 ausläuft.
Es geht um mehrere hundert Millionen
Anderer Meinung ist die SP-Vizepräsidentin Barbara Gysi. Denn weniger Mehrwertsteuererträgen bedeuten auch weniger Einnahmen für die AHV oder die IV: «Es kann nicht sein, in der Coronakrise die Firmen zu entlasten und gleichzeitig die IV zu belasten.» Wenn man die Firmen entlasten wolle, solle man das direkt tun – also etwa mit zusätzlichen A-fonds-perdu-Beiträgen.
Gemessen an allen Einnahmen von AHV und IV machen die bereits jetzt absehbaren Ausfälle aufgrund tieferer Mehrwertsteuereinnahmen nur je etwa ein Prozent aus, wie der Ausgleichsfonds Compenswiss auf Anfrage erklärt. Das klingt nach wenig. Allerdings geht es um einige hundert Millionen Franken. Und für die Sozialwerke, die ohnehin unter Druck stehen, ist das kein kleiner Beitrag.