Von einem Sonderkommando der Polizei wurde er im Sommer 2017 aus dem Auto gerissen, in Handschellen gelegt und mit verbundenen Augen in die Psychiatrie gefahren. Als er Tage später nach Hause durfte, hatte seine Frau mit den gemeinsamen drei Töchtern das Familienhaus in Ramosch verlassen. Der ehemalige Bauunternehmer Adam Quadroni, der als Whistleblower das mächtige Bündner Baukartell auffliegen liess, hatte alles verloren: seine Firma, seine Familie und seinen Ruf.
Die Untersuchungsberichte über den Polizeieinsatz lesen sich für Quadroni wie Protokolle eines Albtraums. Der Whistleblower erfährt in den Berichten zum ersten Mal, wie er von der Polizei das Stigma des gefährlichen Gewalttäters aufgedrückt bekam und wie es unrechtmässig und unverhältnismässig zu Eingriffen in seine persönliche Freiheit kam.
«Keine Genugtuung, aber Hoffnung»
Ihn erschüttere zu sehen, «welche Ungerechtigkeit» ihm angetan worden sei, sagt Adam Quadroni in einem Interview der Rundschau. «Wie akribisch sie vorgegangen sind, ist unerträglich.» Es sei für ihn erschreckend und beängstigend, die Berichte zu lesen. «Der Glauben in den Rechtsstaat ist schon lange vorbei», sagt Quadroni.
Quadroni sieht in den Untersuchungsberichten aber auch Positives. «Für mich gab es immer die Hoffnung, dass man mit diesen Untersuchungen wirklich der Wahrheit nachgehen will. Ich habe jetzt die Bestätigung erhalten, dass das wirklich so ist.»
«Quadroni ist rehabilitiert»
Sein grösster Wunsch sei es, dass von offizieller Seite jemand auf ihn zukommen würde – einfach nur um mit ihm zu sprechen. Dass für einmal jemand auch klar Verantwortung übernehmen würde, für das, was ihm widerfahren sei. Das habe er bis heute nicht erlebt, sagt der Whistleblower.
Für Alt Bundesrichter Giusep Nay, der Quadroni juristisch berät, geht es letztlich auch um finanzielle Wiedergutmachung. «Wir hoffen, dass die Regierung die richtigen Schlüsse daraus zieht. Wir hoffen, dass die Regierung sieht, da braucht es eine Wiedergutmachung. Und wir sind sehr gespannt, wie sie reagieren wird.»
Adam Quadroni sei jetzt rehabilitiert, sagt Nay. Niemand könne jetzt noch sagen, dieser Mann sei unsauber, wie es leider oft bei Whistleblowern heisse. Und: «Man hatte keinerlei Verdacht, der berechtigt hätte, gegen ihn so polizeilich vorzugehen.»
Rolle des Baukartells
Zu einer Verbandelung des Baukartells mit Polizei und Behörden fanden weder die parlamentarische Untersuchungskommission (Puk) noch der ehemalige Staatsanwalt Andreas Brunner konkrete Hinweise oder Beweise. Die Puk fand keine Anhaltspunkte dafür, dass Mitglieder des Baukartells die Behörden im Vorgehen gegen Adam Quadroni instrumentalisiert hätten, wie im Puk-Bericht zu lesen ist.
Die Arbeit der Bündner Puk ist mit der Publikation des Berichts zum Polizeieinsatz aber nicht beendet. Sie wird in einem weiteren Teilbericht untersuchen, ob und wie es in Graubünden einen Zusammenhang zwischen Baukartell und Behörden gegeben hat.
Adam Quadroni blickt diesem zweiten Puk-Bericht mit Spannung entgegen. Es sei vermutlich noch nicht alles ans Tageslicht gekommen, sagt er. «Was sich in den weiteren Untersuchungen ergeben wird, werden wir noch sehen.»