Offene Grenzen machen das Transport-Geschäft von SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner schneller und leichter. Transportzölle sind dabei eigentlich ein Hindernis: «Sie verzögern den Warenfluss und kosten Geld», sagt der CEO der Giezendanner Transporte AG.
Offene Grenzen vereinfachen also sein Geschäft. Seine Partei, die SVP strebt aber nach dem Gegenteil. Ziel der Initiative ist es, mit der EU zu verhandeln, um die Freizügigkeit ausser Kraft zu setzen. Wenn das nicht gelingt, muss der Bundesrat das Abkommen innert 30 Tagen kündigen.
Die SVP findet, die Schweiz soll die Zuwanderung wieder selbst steuern. Die sieben Abkommen der Bilateralen I wurden aber mit einer sogenannten «Guillotine-Klausel» verknüpft. Das bedeutet, wenn das Personenfreizügigkeitsabkommen gekündigt wird, fallen alle Verträge weg (siehe Box unten).
Benjamin ist der Sohn von Ulrich Giezendanner. Giezendanner Senior war viele Jahre lang für die SVP im Nationalrat und ein gefragter Interviewpartner für die Medien. Benjamins Grossmutter pflegte zu sagen: «Ein Giezendanner reicht.»
Heute ist er also er der Politiker, Firmenchef und Familienvater. Im aargauischen Rothrist führt Benjamin Giezendanner seit ein paar Jahren das Unternehmen mit 450 Containern für Güter auf der Bahn und 170 Camions für Strassentransporte.
Giezendanner weiss, dass ein Wegfall der Personenfreizügigkeit sein Geschäft treffen würde, weil sein Transportunternehmen auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen sind. Die Schweiz bilde zu wenig Chauffeure aus, sagt der Firmenchef. Das ist die Haltung des Geschäftsmannes. Trotzdem ist er für die Begrenzungsinitiative. Der Politiker in ihm will das aktuelle Personenfreizügigkeitsabkommen loswerden.
Kleines Dilemma
Deshalb steckt er auch in einem Dilemma, es sei aber nur ein kleines, sagt Benjamin Giezendanner. Er denke nicht nur an sein Geschäft. «Einfach nur nach Gewinn streben, ist für niemanden einträglich», so Giezendanner. Als Unternehmer müsse er auch an das Gemeinwohl denken. Die vielen Ausländer in der Schweiz würden die Sozialwerke noch mehr belasten.
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Und er ist überzeugt, dass die EU selbst stark an diesem Abkommen interessiert ist: «Irgendetwas wird es geben», sagt Giezendanner. Vielleicht Kontingente, wie früher, vor den bilateralen Abkommen mit der EU. Für den 38-jährigen ist es an der Zeit, neu zu verhandeln. 20 Jahre nach dem Start des bilateralen Wegs sei vieles überholt.
Etwa das Landverkehrsabkommen, das die Transportbranche betrifft. Die NEAT, die schnelle Nord-Süd-Achse der Eisenbahn, sei zum Vorteil der EU ausgehandelt worden, findet der Firmenchef. Dieser Vertrag nütze der EU viel mehr als der Schweiz.
Für Benjamin Giezendanner ist kaum vorstellbar, dass Deutschland, die Beneluxstaaten, Österreich oder Italien einer Kündigung dieses Abkommens zustimmen würden. Deshalb sei das Landverkehrsabkommen quasi ein Pfand, um die EU an den Verhandlungstisch zu bringen.
Schweiz am kürzeren Hebel
Ueli Stückelberger ist Direktor des Verbands öffentlicher Verkehr, der unter anderem die Schienen-Transportbetriebe vertritt. Der Branchenverband ist gegen die Begrenzungsinitiative. Stückelberger kann Giezendanners Argumente nicht nachvollziehen. Die Schweiz habe der EU in den Verhandlungen um das Landverkehrsabkommen viel abgerungen, ganz besonders die Akzeptanz der Schweizer Verlagerungspolitik von der Strasse auf die Schiene. Und damit auch die LSVA, die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe. Mit diesem Geld wurde die NEAT gebaut.
VöV-Direktor Ueli Stückelberger denkt zwar auch, dass bei einem Wegfall des ersten bilateralen Pakets in irgendeiner Form neu verhandelt würde: «Aber die Schweiz könnte bei neuen Verhandlungen nicht mehr aus einer starken Position heraus mitreden.» Man würde am kürzeren Hebel sitzen, befürchtet Stückelberger. Gerade an den Dossiers, in denen es um Umweltaspekte gehe, sei die Schweiz stärker interessiert als die EU.
Eine Branche, zwei Sichtweisen. Aber beide Seiten sind sich in einem Punkt einig: Sie wollen mit der Europäischen Union weiterhin Geschäfte machen und dafür brauchen sie ein Instrument, um das Verhältnis zu regeln. Doch bei den Aussichten, wie die Schweiz in diese Verhandlungen gehen würde haben die beiden Männer unterschiedliche Meinungen. Der eine findet, die Schweiz würde nur noch im Seitenwagen sitzen. Der andere geht davon aus, dass die Schweiz selbstbewusst und fordernd auftreten könnte.