Für Wildhüter wird die Überwachung der Wildtiere in der Schweiz wegen des starken Populationswachstums immer schwieriger. Ihre Methoden sind veraltet und reichen nicht mehr aus, um ein umfängliches Monitoring zu gewährleisten.
Eine Lösung könnte das Smart Mic des Unternehmens Synature sein. Vier Studierende haben an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL) ein Gerät entwickelt, das mit künstlicher Intelligenz das Heulen von Wölfen auf 500 Meter genau orten kann.
Das Gerät läuft nachts und zeichnet alle Geräusche in der Umgebung auf. Per Mobilfunknetz sendet das Smart Mic die Daten an einen Server. Danach unterscheidet die künstliche Intelligenz zwischen Wolfsheulern und anderen Geräuschen. Audiodaten ohne Wolfsheuler werden nach der Auswertung gelöscht.
Testlauf im Glarner Gebirge
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Bild 1 von 3. Olivier Stähli mit Marco Banzer bei der Montage eines Prototyps. Der Standort ist optimal: Es kann ein grosses Gebiet abgehört werden, und es ist kein Gewässer in der Nähe, das für Störgeräusche sorgt. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 3. Das Gerät wird an einem Baum, drei Meter über dem Boden, angebracht. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 3. Das Start-up Synature hat für den Feldversuch seines zweiten Prototyps 30 Geräte im Glarner Gebirge aufgestellt. Bildquelle: SRF.
Wie funktioniert die künstliche Intelligenz?
Die Audiodaten werden in Bilder umgewandelt und dann von der künstlichen Intelligenz ausgewertet. Noah Schmid, technischer Leiter von Synature, erklärt, wie die KI funktioniert: «In einem ersten Schritt wird sie auf einem grossen Datenset eingesetzt und lernt dort, wie man Wolfsheuler von Nicht-Wolfsheulern unterscheidet. Danach wird sie auf die gesammelten Daten angewendet.»
So sieht das Heulen des Wolfes aus
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Bild 1 von 5. Das Heulen des Wolfs hat ein sehr markantes Bild: horizontale Linien mit kleinen Wellen. Bildquelle: Synature.
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Bild 2 von 5. Ebenfalls horizontale Linien sind bei Fluglärm zu sehen. Sie sind aber weniger markant als beim Wolf. Bildquelle: Synature.
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Bild 3 von 5. Wie im realen Leben sieht der Regen als Spektrogramm aus: lange vertikale Linien. Bildquelle: Synature.
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Bild 4 von 5. Hier heult ein Wolfsrudel im Chor. Die Jungwölfe haben eine hohe Stimme – ihr Heulen schlägt bis nach oben aus. Bildquelle: Synature.
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Bild 5 von 5. Handelt es sich hier um einen Wolfsheuler? Nein. Das Röhren des Rothirschs hört sich nicht nur ähnlich an wie ein Wolfsheuler, es sieht sogar auf dem Spektrogramm ähnlich aus und ist für die KI schwer zu unterscheiden. Bildquelle: Synature.
Für die KI ist es einfacher, Bilder auszuwerten als Audiodaten – Unterschiede sind besser zu erkennen. Zum Beispiel hat die KI Probleme, die Audios von Fluglärm und Wolfsheulern auseinanderzuhalten.
Das Gerät steigert die Effizienz der Wildhüter
Marco Banzer, Wildhüter im Kanton Glarus, sieht in dem Gerät die Lösung: «Alle anderen Methoden sind aufwändig: Zum Beispiel das Besendern eines Wolfs oder das Eingrenzen mit fast 100 Fotofallen – das ist schwierig.» Das Gerät bringe eine enorme Zeitersparnis. Und man könne damit ein viel grösseres Gebiet abdecken als mit Fotofallen, sagt Banzer.
Im Vergleich zu den anderen Monitoring-Methoden ist das Smart Mic sicher die preisgünstigste Variante
Die Produktion des Prototyps kostete 450 Franken. Die Kosten sollen durch einige Verbesserungen sowie die Umstellung auf die industrielle Produktion sinken. Wie viel das Gerät nachher kosten wird, ist unklar. «Was wir aber schon jetzt sagen können, ist, dass es im Vergleich zu den anderen Monitoring-Methoden sicher die preisgünstigste ist», sagt Jungunternehmer Olivier Stähli.
Monitoring über die Schweizer Grenze hinaus
Im Frühling hat das Team sein Smart Mic in Südafrika für Elefanten getestet – laut Stähli mit Erfolg. Im November geht es nach Indien. Dort wird überprüft, ob die Technologie auch für den Tiger, den Leopard und den Wildhund eingesetzt werden kann.
Der Wolf ist erst der Anfang
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Bild 1 von 3. Neben Glarus sind auch die Kantone Baselland, Graubünden, Schwyz, Wallis und Waadt interessiert am Gerät. Bildquelle: Keystone / Christian Brun.
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Bild 2 von 3. Auch das Überwachen des Luchses ist mit dem Smart Mic gemäss Start-up Gründer Olivier Stähli möglich. Wichtig sei, dass die Tiere über grosse Distanzen miteinander kommunizieren. Bildquelle: Keystone / Jean-Christophe Bott.
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Bild 3 von 3. Auch bei Vögeln wie etwa dem Auerhahn könnte das Gerät angewendet werden. Bildquelle: Keystone / Michael Reichel.