Die Virusmutation Delta lässt in der Schweiz die Infektionszahlen wieder ansteigen und ist zur dominanten Virusvariante geworden. Weltweit ist Delta nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) inzwischen in 124 Ländern nachgewiesen worden – das sind 13 mehr als noch in der Vorwoche. In den letzten Tagen wurden einige Studien publiziert, welche die Wirksamkeit der Impfstoffe gegen die Delta-Variante untersuchten. Wie aussagekräftig die sich teils widersprechenden Studien sind, erfahren Sie hier.
Was zeigen die Resultate der Studie aus China? Die chinesische Studie untersuchte Menschen, die in Quarantäne waren nach dem Kontakt mit einer Person, die an der Delta-Variante erkrankt war. Der PCR-Test sei bei den isolierten Personen durchschnittlich schon nach vier anstatt wie bei früheren Varianten nach sechs Tagen positiv gewesen. Ausserdem sei die Viruslast beim ersten positiven Test 1200 Mal höher gewesen als bei früheren Virusmutationen, was auf eine rasche Vermehrung hindeutet.
Welche Studienresultate ergaben sich aus Kanada? Der kanadischen Studie zufolge seien die gesundheitlichen Risiken nach einer Infektion mit der Delta-Variante deutlich höher als bei früheren Mutationen. Das Risiko für eine Spitaleinweisung sei um 120 Prozent erhöht und die Gefahr, Intensivpflege zu benötigen, um etwa 287 Prozent. Mehr als doppelt so hoch sei ebenfalls das Sterberisiko (plus 137 Prozent). Beide Studien wurden bislang in keinem Fachjournal veröffentlicht.
Was zeigt die Studie der englischen Gesundheitsbehörde? Die Studie aus Grossbritannien untersuchte, wie hoch der Schutz der Impfungen gegen die Delta-Variante ist. Die Ergebnisse zeigen: Zwei Dosen des Impfstoffs von Pfizer/Biontech oder AstraZeneca sind gegen die Delta-Variante fast genauso wirksam wie gegen die bisher dominierende Alpha-Variante. So schützt eine vollständige Impfung mit Pfizer/Biontech zu 88 Prozent vor einer symptomatischen Erkrankung durch die Delta-Variante – gegen die Alpha-Variante bestand sogar ein Schutz von 93.7 Prozent. Die Zweifachimpfung mit AstraZeneca schützt zu 67 Prozent wirksam gegen die Delta-Mutation, verglichen mit 74.5 Prozent gegen die Alpha-Mutation.
Wieso spricht eine israelische Studie von einer 30 Prozent verminderten Effektivität der Impfung gegenüber der Delta-Variante? Laut Daniel Speiser, Forscher und Mediziner an der Universität Lausanne, ist diese Studie aus Israel qualitativ schlechter. Es sei sehr schwierig, gute Studien durchzuführen, da sie eine Randomisierung – eine Zufallszuteilung – von Probanden zur Impf- und Placebogruppe voraussetzen. Und dies sei meistens nicht möglich. Bei mehr Teilnehmenden und längerer Beobachtungszeit würden qualitativ bessere Studien entstehen. Das Studiendesign hat deshalb einen grossen Einfluss auf die Resultate.
Wie kommen klinische Studien zustande? Die randomisiert-kontrollierte Studie ist die hochwertigste Forschungsmethode, um Behandlungseffekte zu untersuchen. Dabei wird eine Patientengruppe zufällig in zwei Gruppen aufgeteilt. Eine Gruppe erhält das zu untersuchende Medikament, während der zweite Teil der Probandinnen und Probanden ein Placebo bekommt. So kann untersucht werden, wie wirksam ein neues Medikament im Vergleich zu einem Placebo ist. Weiter gewährleistet die Randomisierung, dass die Gruppen so identisch wie möglich und nicht bekannte Unterschiede möglichst gleich verteilt sind. Damit werden unabsichtliche Verfälschungen von Ergebnissen verhindert.