Alle sollen wissen, wo ihr Schutzraum ist – jetzt schon, also vor einem möglichen Ernstfall. Der Bund solle daher mit Kantonen und Gemeinden prüfen, ob die Standorte nicht bereits vorab an die ganze Bevölkerung bekannt gegeben werden könnten. Dies fordert die Regierungskonferenz Militär, Zivilschutz und Feuerwehr (RK MZF).
In einigen Kantonen seien den Einwohnerinnen und Einwohnern die Standorte zwar bekannt, sagt der Präsident der RK MZF, der Luzerner Sicherheitsdirektor Paul Winiker (SVP). Aber längst nicht überall: «Das ist aus Sicht der RK MZF nicht befriedigend. Es ist auch aufgrund der Erkenntnisse aus dem Ukraine-Krieg nicht angemessen.»
Zweifel an rascher Schutzraum-Zuteilung
Die für Zivilschutz zuständigen Regierungsräte bezweifeln also mehrheitlich, dass in einer Krise rasch genug jedem und jeder ein Schutzraum-Standort mitgeteilt werden könne: «In einer Krise oder einem Kriegsereignis ist die Zeit knapp, und auch auf die Kommunikationssysteme können wir uns dann nicht voll verlassen.»
Der Bund reagiert vorerst reserviert: «Wir nehmen das Anliegen der RK MZF zur Kenntnis», schreibt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) auf Anfrage. Die Veröffentlichung der Zuweisungsplanung sei heute jedenfalls nicht vorgesehen. Auf Wunsch der Kantone könne das BABS eine entsprechende Änderung aber prüfen.
Kanton Solothurn äussert Bedenken zum Vorschlag
In manchen Kantonen und Gemeinden zweifeln Fachleute allerdings am Vorschlag der RK MZF. So rechnet der Chef des Amts für Militär und Bevölkerungsschutz des Kantons Solothurn, Diego Ochsner, jetzt bereits mit Reklamationen, wenn die Bevölkerung vorab über Schutzraum-Standorte informiert würde: «Die Leute würden anrufen und sagen, zum Heinz Müller will ich dann nicht in den Schutzraum in einem Ernstfall. Unser Amt würde somit zu einer Art Hotelrezeption.»
Wenn Sie heute schauen, wo Ihr Standort ist, dann ist er morgen vielleicht schon wieder an einem anderen Ort.
Und das sei nicht die Aufgabe des Amtes für Militär und Bevölkerungsschutz. Der Vorschlag sei auch wegen Wohnortswechseln nicht praktikabel: «Wenn Sie heute schauen, wo Ihr Standort ist, dann ist er morgen vielleicht schon wieder an einem anderen Ort.»
Offene Türen rennen die Kantone beim Bund hingegen mit einem zweiten Anliegen ein: Demzufolge sollen alle Einwohnerinnen und Einwohner informiert werden, was zu tun ist, falls Schutzräume aufgesucht werden müssen. Zu beantworten sei dabei eine Reihe von Fragen, so der Präsident der RK MZF, Paul Winiker: «Was muss man in den Schutzraum mitnehmen, wie funktioniert der Aufenthalt dort – von der Verpflegung bis zur Entsorgung? Das sind viele Fragen, und diese könnte man mit Bund und Kantonen gemeinsam in einer Broschüre klären.» Die Broschüre könnte dann an alle Haushalte im Land verteilt werden.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz ist daran, entsprechendes Infomaterial vorzubereiten.
Solche Gedanken macht sich derzeit tatsächlich auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz: «Das BABS ist daran, entsprechendes Infomaterial vorzubereiten», schreibt es.
Ganz grundsätzlich bräuchten wohl viele Schutzräume zuerst möglicherweise eine gründliche Erneuerung: Besonders ältere Luftschutzkeller müssten nachgerüstet werden, forderte die RK MZF zuletzt in der «NZZ am Sonntag».