- Der Bündner Grosse Rat will, dass die Kantonsregierung das problematische Beverin-Rudel abschiessen lässt.
- Für die Regierung ist das mit dem geltenden Recht jedoch nicht möglich.
- Bei einem Rudel sei die polizeiliche Generalklausel nicht anwendbar.
Das Beverin-Rudel sorgt regelmässig für Schlagzeilen: viele gerissene Tiere und Wölfe, die dem Menschen nahekamen. Das Rudel gilt als so problematisch, dass der Bund im Oktober 2022 die Bewilligung erteilte, den Leitwolf abzuschiessen. Die besondere Bewilligung wurde Anfang Dezember in die Tat umgesetzt, das Vatertier wurde erlegt.
Am Dienstag schlug das Beverin-Rudel ein weiteres Mal hohe Wellen. Nach einer längeren Debatte entschied der Bündner Grosse Rat: Das ganze Rudel soll geschossen werden. Bislang wurden im Normalfall nur Bewilligungen für den Abschuss einzelner Jungtiere ausgestellt, selbst die Erlegung des Vatertiers Ende letztes Jahr galt als besonders.
Der Vorstoss fordert von der Regierung, das Rudel gestützt auf die polizeiliche Generalklausel zu schiessen. Doch die strengen Bedingungen seien beim Beverin-Rudel nicht erfüllt, erklärte die Mitte-Regierungsrätin Carmelia Maissen am Beispiel der Welpen:
«Welpen jagen aufgrund ihres Alters noch nicht und richten demzufolge keine Schäden an. Deshalb sind sie keine Gefahr für den Menschen und erfüllen die Voraussetzung einer schweren und unmittelbaren Gefahr nicht, die ein sofortiges Handeln notwendig machen würde.»
Grundsätzlich regle das Bundesgesetz, wann Wölfe geschossen werden dürfen. Hier gebe es kaum Rechtslücken, was für polizeiliche Generalklausel notwendig wäre, so die Regierungsrätin: «Ich verstehe das Bedürfnis, in dieser schwierigen Thematik ein Zeichen setzen zu können, aber wir sind in einem Rechtsstaat.» Gerade der Kanton Graubünden sei darauf angewiesen, dass sich auch andere an die Regeln halten.
Der Wolf ist durch das eidgenössische Jagdgesetz als einheimische Tierart geschützt. Rudel sollen erhalten bleiben. Es gibt jedoch bereits heute unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit, Wölfe zu schiessen.
Deutliches Ja im Parlament wirkungslos?
Anders sah es die bürgerliche Mehrheit im Saal. Sie wollte ein Zeichen setzen und überwies den Vorstoss mit 73 gegen 39 Stimmen. Obwohl das Bündner Parlament ein Machtwort sprach, dürfte in diesem Falle nicht viel passieren: Die Regierung betonte während und nach der Debatte, dass ein Verstoss gegen geltendes Recht für sie nicht infrage komme.