Ab dem 1. Dezember dürfen die Kantone ganze Wolfsrudel präventiv schiessen. Das hatte der Bundesrat vor einigen Wochen entschieden. Nach und nach flatterten seither aus den Kantonen Graubünden, Wallis, Waadt, St. Gallen und Tessin die Gesuche für die Regulierung ganzer Rudel beim Bundesamt für Umwelt (Bafu) herein.
12 dieser 13 Gesuche bewilligte das Bafu, nur im Tessin (Onsernone-Rudel) wurde ein Gesuch abgelehnt, weil es in den letzten zwölf Monaten nicht zu Rissen in geschützten Situationen gekommen sei. Bei diesem Rudel dürfen aber zwei Drittel der Jungwölfe geschossen werden. Zeit haben die Kantone bis am 31. Januar 2024. Teils laufen Abschussbewilligungen von Einzeltieren bis am 31. März. Eine Übersicht:
Momentan leben laut Kora, der Stiftung für Raubtierökologie und Wildtiermanagement, die im Auftrag des Bundes die Wolfsbestände überwacht, 35 Rudel in der Schweiz. Neun davon bewegen sich auch im nahen Ausland, in Italien oder Frankreich.
Hoffnung, dass Wölfe scheuer werden
Das Bafu rechnet nicht damit, dass alle Wölfe, für die nun eine Abschussbewilligung vorliegt, innert der vorgegebenen zwei Monate erlegt werden können. Aber laut eidgenössischem Jagdgesetz können die Kantone jedes Jahr präventiv in den Wolfsbestand eingreifen – und zwar von September bis Januar. Das heisst: Auch nächstes Jahr können wieder Regulierungsgesuche eingereicht werden.
Das Problem der Umsetzung ist indes auch Thema in den Kantonen. Einen Wolf zu schiessen, ist keine einfach zu erledigende Aufgabe. Damit ein Abschuss gelingt, braucht es oft Geduld und den richtigen Moment. Und oftmals sind Rudelwölfe auch einzeln unterwegs, weil sie so ihr Territorium effektiver verteidigen können. Die Hoffnung der Kantone: dass die verbleibenden Wölfe durch die Abschüsse scheuer werden.
Wer geschossen hat, soll geheim bleiben
In den Kantonen Wallis und Graubünden werden neben der Wildhut zusätzlich Jäger und Jägerinnen beigezogen. Im Wallis, wo sieben ganze Rudel abgeschossen werden dürfen, sind pro Rudel rund zehn spezialisierte Jäger zur Unterstützung dabei. Dafür gibt es eine halbtägige Schulung – für die es etwa 800 Anmeldungen gab.
In Graubünden gibt es ebenfalls Informationsveranstaltungen, zum Beispiel punkto Diskretion: Es sollen keine Bilder der Jagd im Internet landen und der Kanton will verhindern, dass öffentlich wird, wer den Schuss auslöste. Der Grund sei der Schutz vor Anfeindungen, da es sich bei der Wolfsregulierung um ein sehr emotionales Thema handle, heisst es seitens des Kantons Graubünden.
Unterschiede zwischen Graubünden und Wallis
Im Vergleich gibt es zwischen den zwei grossen und stark betroffenen Bergkantonen aber Unterschiede. In Graubünden sind die Wölfe quasi Beifang, denn sie dürfen nur während der regulären Sonderjagd geschossen werden. Das heisst: Ist die Sonderjagd an Hirschen und Rehen vorbei, ist auch die Wolfsjagd vorbei.
Im Wallis hingegen dürfen die Jägerinnen und Jäger auch während der Fuchsjagd Wölfe schiessen. Diese dauert länger. Ein zweiter Unterschied: Das Fell gehört in Graubünden nicht dem Jäger, er muss es abgeben. So soll eine Trophäenjagd verhindert werden.