Ein Morgen im Januar: Biolandwirt Pascal Donzé und sein Sohn Lino kümmern sich wie immer um die Schafe. Jetzt im Winter sind sie vor allem drinnen im Stall sowie auf dem Vorplatz des Bauernhauses.
Auf der Weide gibt es zurzeit kein Futter für die Schafe. Eine friedliche, idyllische Welt im bernjurassischen Saicourt.
Familie durchlebt Albtraum
Am Morgen des 4. Oktober 2023 ist alles anders. Als Pascal Donzé auf die Weide kommt, sieht er mehrere seiner Schafe blutverschmiert am Boden liegen. Sieben Tiere sind tot. Drei weitere weisen Bisswunden auf. Zwei der Tiere kann der Tierarzt retten.
Der Wolfsriss war für die ganze Familie ein traumatisches Erlebnis. Auch drei Monate später leidet sie unter dem, was passiert ist. «Das hat mich extrem schockiert, es hat ausgesehen wie auf einem Schlachtfeld. Die Bilder verfolgen mich, das vergesse ich nicht so rasch», erklärt Biolandwirtin und Heilpädagogin Nadia Suter gegenüber Schweiz aktuell.
Die Bauernfamilie musste auf sehr schmerzhafte Art und Weise erfahren, dass der Wolf nicht nur im Wallis und in Graubünden zuschlagen kann, sondern auch im Berner Jura.
Wölfe nutzten Schwachstelle des Zauns aus
Auf sehr unangenehme Weise wurde Pascal Donzé mit der Problematik des Schutzes vor Wolfsangriffen konfrontiert. Der Herdenschutzbeauftragte des Kantons Bern teilte ihm mit, dass sein Schutzzaun ungenügend sei.
Teilweise waren nur drei Querdrähte statt vier bis fünf vorhanden. Da es sich um einen älteren Zaun handelte, entsprach auch die Stromstärke nicht mehr den Empfehlungen der Fachleute.
Das hat mich extrem schockiert, es hat ausgesehen wie auf einem Schlachtfeld.
Pascal Donzé räumt zwar ein, dass sein Schutzzaun nicht alle Kriterien erfüllte. Er weist aber darauf hin, dass bei einem anderen Landwirt in der Region trotz korrekter Schutzmassnahmen ebenfalls Tiere gerissen wurden. Daraus folgert er, dass der Schutzzaun keine ausreichende Sicherheit biete.
Furcht vor dem nächsten Wolfsangriff
Die Fachleute des Kantons Bern widersprechen dieser Darstellung. Ein geeigneter Schutzzaun ist aus ihrer Sicht sehr wohl ein probates Mittel, um Wolfsrisse zu verhindern. Sie führen an, dass von den 13 Orten im Berner Jura, in denen es zu Wolfsrissen kam, nur ein einziger Landwirt seine Tiere korrekt geschützt habe.
Pascal Donzé hat aus dem Vorfall gelernt und in bessere Schutzzäune investiert. Denn er muss damit rechnen, dass der Wolf wieder bei ihm auftaucht. Denn trotz einer Abschussbewilligung konnte das Tier bisher nicht erlegt werden. Inzwischen ist die Abschussbewilligung abgelaufen.