In den letzten Jahren schien die Mitte gut unterwegs. Unter Präsident Gerhard Pfister fusionierte die CVP erfolgreich mit der BDP, gab sich einen zeitgemässen Anstrich und hatte Erfolg bei den letzten nationalen Wahlen. Doch seit dem Rücktritt von Viola Amherd ist Feuer im Dach. Die Kandidatenkür für die Nachfolge der Verteidigungsministerin verlief mehr als harzig. Reihenweise Schwergewichte in der Partei sagten ab. Mit Nationalrat und Bauernpräsident Markus Ritter und dem Zuger Regierungsrat Martin Pfister stehen nun aber zwei Kandidaten zur Verfügung.
Zwei Überraschungen
Was ist falsch gelaufen bei der Mitte? «Niemand hat gedacht, dass Viola Amherd Anfang Januar zurücktritt», sagt alt Nationalrätin Kathy Riklin. Und ebenfalls überrascht habe viele in der Partei, dass Präsident Gerhard Pfister nicht für das Bundesratsamt kandidieren wollte.
Auf diese beiden Wendungen seien viele in der Partei nicht vorbereitet gewesen. Riklin spricht sogar von einem «Schockzustand».
Fehlende Führung
Die harzige Kandidatensuche habe ihn «sehr beunruhigt», sagt alt Nationalrat Alois Gmür. «Man hatte das Gefühl, jeder kann machen, was er will. Es war nichts abgesprochen.» Bundesrätin Viola Amherd habe ihren Rücktritt lange «unter dem Deckel gehalten und dann die Bombe platzen lassen», sagt Gmür. «Das hat Schaden angerichtet.»
Dass kurz vor der Rücktrittsankündigung der Bundesrätin auch Gerhard Pfister als Parteipräsident und seine Generalsekretärin ihre Rücktritte kommuniziert hätten, habe «zu einem Führungsvakuum geführt».
Frauen ohne Plan
In den Augen von Alois Gmür haben auch die Mitte-Frauen unglücklich agiert. «Sie haben vehement eine Frauenkandidatur gefordert, aber nicht abgeklärt, ob es Frauen gibt, die sich zur Verfügung stellen».
Der Politikberater und ehemalige CVP-Generalsekretär Iwan Rickenbacher sagt, dass die Parteileitung ein solches Spannungsfeld frühzeitig hätte erkennen sollen. «Wenn man das übersieht, bricht es dann halt aus, bei einer solchen Unruhesituation wie einer Bundesratswahl».
Unbeliebtes VBS und Zeitgeist
Rickenbacher und Riklin sind sich ebenfalls einig, dass die Aussicht auf die Übernahme des krisengeschüttelten Verteidigungsdepartementes ein Grund für viele Absagen war. «Man hat extrem auf das VBS geschossen, extrem auf die Bundesrätin geschossen, in den Medien und auf Social-Media», sagt Kathy Riklin.
Zudem habe sich die Gesellschaft verändert und das Bundesratsamt sei «wahrscheinlich nicht mehr für alle das höchste der Gefühle», so Riklin. Man sei zu 100 Prozent engagiert und müsse vollständig in eine neue Haut schlüpfen.
Trotz Kritik: Die drei alten Parteigrössen zeigen sich erleichtert, dass die Partei nun mit Markus Ritter und Martin Pfister zwei valable Kandidaten hat. «Damit kann die Partei ihren Bundesratssitz verteidigen», sagt Alois Gmür.