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Mitte-Präsident tritt zurück Haben Sie Bundesratsambitionen, Herr Pfister?

Der Präsident der Mitte-Partei der Schweiz, Gerhard Pfister, gibt sein Amt im Sommer ab. Das hat er am traditionellen Dreikönigsgespräch seiner Partei in Bern bekanntgegeben. Gegenüber SRF News erklärt er die Gründe für seinen Rücktritt – und wie es für ihn persönlich und die Partei weitergehen soll.

Gerhard Pfister

Mitte-Präsident

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Pfister ist seit 2016 Präsident der CVP. Nach den Wahlen 2019 stiess er mit der Namensänderung und der Fusion mit der BDP den Reformprozess seiner Partei an. Nationalrat für den Kanton Zug ist er seit 2003.

SRF News: Weshalb treten Sie als Parteipräsident der Mitte zurück?

Gerhard Pfister: Es ist der richtige Moment für mich – und vor allem auch für die Partei. 2025 ist vermutlich ein Übergangsjahr. Im Juni wird unsere Strategie 2033 abgeschlossen sein, und im Herbst beginnen bereits die Vorbereitungsarbeiten für die eidgenössischen Wahlen 2027.

An Arbeit wird es mir in den kommenden sechs Monaten sicher nicht mangeln – und auch meinem Nachfolger nicht.

Als ich gemeinsam mit der Partei-Basis die Strategie 2025 entwickelt habe, habe ich mir gesagt, dass ich mir in diesem Jahr überlegen muss, ob ich weitermache. Ich glaube, dass jetzt der richtige Moment gekommen ist, um den Stab weiterzugeben.

Welche Pflöcke möchten Sie bis zum Sommer noch einschlagen?

Ganz wichtig wird es sein, die Strategie für die kommenden und übernächsten Wahlen zu finalisieren. Das möchte ich noch mit den Kantonalparteien zusammen erarbeiten. Daneben stehen einige kantonale Wahlen an, bei denen ich gerne unterstütze, wenn das gewünscht ist.

Pfister im Nationalrat
Legende: Gerhard Pfister ist seit 2016 Präsident der Mitte Schweiz. Er folgte auf den heutigen Walliser Staatsrat und damaligen Nationalrat Christophe Darbellay. Keystone/Anthony Anex

Thematisch gibt es einige Brocken: Das Europa-Dossier beschäftigt uns, der Krieg in der Ukraine bleibt eine Belastung, die Polarisierung in der Welt nimmt zu. An Arbeit wird es mir in den kommenden sechs Monaten sicher nicht mangeln – und auch meinem Nachfolger nicht.

Wer folgt auf Gerhard Pfister als Mitte-Präsident?

Unter Ihrer Präsidentschaft sind die damalige CVP und BDP zur Mitte-Partei fusioniert. Nun ist die Partei etwa gleich stark wie die FDP. Das Potenzial der Mitte sehen Sie allerdings bei 18 Prozent. Wie wollen Sie dies erreichen?

Wir müssen noch mehr zu einer Bewegung werden und die Partei weiter für Partizipation öffnen. Jede Person, die in der Schweiz bei einer vernünftigen, lösungsorientierten Politik mitmachen möchte, ist bei uns herzlich willkommen. Wir müssen neue Wählerschichten erschliessen. Das ist uns bei den Jungen schon sehr viel besser als noch in den letzten Jahren gelungen. Diesen Weg müssen wir konsequent weitergehen.

«Fusion mit der GLP ist kein Thema»

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Soll die Mitte auch mit der GLP fusionieren? Das Meinungsforschungsinstitut GFS Bern hat im Herbst 2024 im Auftrag der MItte-Partei eine repräsentative Umfrage durchgeführt, die sich auch dieser Frage widmete. Das Ergebnis: Die Basis der Mitte-Partei ist gespalten. 45 Prozent halten eine solche Fusion für eine gute oder sehr gute Idee, 43 Prozent sind sehr oder eher dagegen.

Laut Gerhard Pfister ist eine Fusion mit der GLP derzeit kein Thema. «Für uns ist das keine strategische Option. Wir können und müssen uns auf uns selbst fokussieren und werden aus eigener Kraft alles dafür tun, dass wir weiterwachsen.»

Zudem müssen wir noch proaktiver Lösungen aus der Mitte heraus vorschlagen. Wir dürfen nicht warten, bis links und rechts etwas vorgeschlagen haben und das dann als unsere Lösung verkaufen. Hier haben wir Fortschritte gemacht. Wir müssen diese Arbeiten aber weitermachen – und dann können wir unser Potenzial auch ausschöpfen.

Bis zum Sommer wird auch das neue Vertragspaket mit der EU ein wichtiges Thema sein. Gegenüber rechts bieten Sie an, dass die Schweizer Stimmbevölkerung über eine Schutzklausel bei der Personenfreizügigkeit abstimmen soll – dies als möglichen Gegenvorschlag zur SVP-Initiative «Keine 10-Millionen-Schweiz». Welchen Vorschlag haben Sie Richtung links?

Ohne eine einvernehmliche Lösung zwischen den Sozialpartnern braucht man das Vertragswerk dem Volk gar nicht vorlegen. Denn dann wird es ganz sicher abgelehnt. Wir müssen die berechtigte Sorge, dass die Löhne unter Druck kommen, ernst nehmen. Nicht nur die Gewerkschaften, sondern auch das Gewerbe hat diese Sorgen.

Ich staune immer wieder, dass man ausgerechnet Frau Bundesrätin Amherd mit ihrer eher kurzen Amtszeit nachsagt, sie würde sich mit dem Gedanken ans Aufhören beschäftigen.

Wir haben Ideen, wie man das Schweizer Lohnniveau sichern kann. Diese werden wir lancieren und im Parlament diskutieren. Am schönsten und am «einfachsten» wäre es natürlich, wenn sich die Sozialpartner im kommenden Halbjahr einigen könnten. Hier braucht es ein starkes Engagement des Bundesrats.

Stichwort Bundesrat: Es wurde bereits seit Längerem spekuliert, ob es einen Doppelrücktritt von Viola Amherd und Ignazio Cassis geben könnte. Weckt das Ambitionen bei Ihnen?

Ich staune immer wieder, dass man ausgerechnet Frau Bundesrätin Amherd mit ihrer eher kurzen Amtszeit nachsagt, sie würde sich mit dem Gedanken ans Aufhören beschäftigen. Ich habe es immer so gehandhabt, dass ich diese Frage erst beantworte, wenn sie sich tatsächlich stellt. Das ist heute nicht der Fall.

Das Gespräch führte Christine Wanner.

SRF 4 News, 06.01.2025, 14 Uhr ; 

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