Seit heute Morgen um 6 Uhr sendet Blick-TV. Beim neusten Medienprodukt des Verlagshauses Ringier handelt es sich um ein reines Online-Produkt: eine maximal viertelstündliche – sich wiederholende – News-Sendung im Live-Stream, die jede Stunde aktualisiert wird. Ein Programm, das sich zuallererst an Mobile-Userinnen und User richtet.
45 Vollzeitstellen hat Ringier für Blick-TV in den letzten Monaten geschaffen. Jonas Projer, Chefredaktor von Blick-TV, freut sich: «Der Konzern investiert in neue Stellen in einer Zeit, in der überall journalistische Stellen gestrichen werden.» Innert weniger als einem Jahr hat der Verlag ein Fernsehstudio aus dem Boden gestampft, das in den Newsroom integriert ist.
Gefässe vermischen sich
Beim Inhalt setzt man auf die bestehenden Blick-Redaktionen, sagt Projer. Ziel des Online-Fernsehens sei neben dem Live-Stream vor allem, dass Bewegtbild auch in der News-Seite von Blick eingebunden wird. Dort, wo sonst der Text das Geschehen prägt. Die Grenzen sollen sich vermischen. Das Fernsehen, so Projer, integriere sich in den «Blick».
Dahinter steckt, dass es schwieriger geworden ist, mit Journalismus Geld zu verdienen. Die Werbeeinnahmen sinken. Die grossen Verlagshäuser setzen neu verstärkt auf Bewegtbild, sie versuchen möglichst viel Video in ihre News-Seiten zu integrieren. Und damit auch Werbung zu verkaufen.
Konkurrenz zieht mit
Bei «20 Minuten» von der Konkurrentin Tamedia sind ähnliche Bestrebungen im Gang. Die Klicks auf Videos sind in den letzten Jahren gestiegen, die Werbeeinnahmen mit Bewegtbild haben sich seit 2016 vervierfacht. «20 Minuten» verstärkt die Video-Redaktion um 10 Personen und setzt auf Livestreaming.
Für Marcel Kohler, Geschäftsführer von «20 Minuten», ist klar: Video sei zwar nicht das letzte Wachstumsfeld für die Medienbranche – aber es gebe auch nicht allzu viele. «Vor allem glauben wir, wenn man eine führende Stellung halten will, dann braucht es zunehmend Bewegtbildinhalt, und genau darum machen wir dieses.»
Video für Werbung
Thomas Friemel, Professor für Mediennutzung der Universität Zürich, beobachtet ebenfalls, dass Verlagshäuser seit mehreren Jahren Video in ihre Newsseiten einbinden. Nach den Gründen gefragt, antwortet der Wissenschaftler mit einer Frage: «Ist es wirklich so, dass Nutzer das Bedürfnis haben, mehr Bewegtbild zu nutzen und den Artikel nicht mehr lesen mögen?»
Er denke, der Grund sei vielmehr darin zu finden, dass die Verleger «neue Möglichkeiten suchen, um Werbung auszuspielen, die Nutzerinnen und Nutzer nicht einfach überspringen können.» Hier gäbe es mit den Bewegtbildern gute Möglichkeiten.
Ob die Rechnung bei Blick-TV aufgeht? Innert drei Jahren, so gibt die Riniger-Leitung vor, soll Blick-TV profitabel werden.