«Zersiedelung stoppen» – Punkt. Dafür muss man sein und damit gegen eine ausufernde «Hüsli-Schweiz» ohne zusammenhängende Grünzonen. Dieses Horrorbild will niemand. Trotzdem ist die Initiative der Jungen Grünen heute mit einer Zweidrittelmehrheit gescheitert. Trotz griffigem Namen, trotz engagierten Initianten.
Die Zersiedelungs-Initiative fügt sich damit in eine Reihe von Initiativen, die am Anfang des Abstimmungskampfes dank guter Verpackung viel Zuspruch haben, am Schluss aber doch haushoch scheitern: etwa die Initiative «AHVplus: für eine starke AHV» (63.6 Prozent Nein), die «Fair-Food-Initiative» (61.3 Prozent Nein) oder die Initiative «1:12 - Für gerechte Löhne 2013» (65.3 Prozent Nein).
Die Ablehnung hat drei Gründe
- Die Initiative kam zu früh: Nur knapp 5 Jahre nach Inkrafttreten des revidierten Raumplanungsgesetzes, das erstmals glaubwürdig von den Kantonen die Verkleinerung von zu grossen Bauzonen fordert, kommt die Forderung eines Bauzonen-Stopps.
- Sie war zu radikal: Der Bauzonenstopp kommt in einem bürgerlich geprägten Land, das immer noch wächst, mehrheitlich nicht gut an. Selbst wenn mit den heutigen Bauzonenreserven noch 2 Millionen zusätzliche Menschen in der Schweiz «untergebracht» werden könnten, will eine Mehrheit keinen «Deckel» fürs Bauen.
- Ist sie umsetzbar? Namhafte Raumplanungsexperten wie EspaceSuisse-Direktor Lukas Bühlmann oder Raimund Rodewald, Geschäftsleiter der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, zweifelten daran, ob der Tausch von Bauzonenreserven zwischen Stadt und Land überhaupt technisch umsetzbar gewesen wäre. Niemand weiss es.
Sicher auch zum klaren Nein beigetragen hat das beherzte Eingreifen der neuen Umweltministerin Simonetta Sommaruga Anfang Jahr. Dossiersicher und überzeugend sprang sie auf den bereits laufenden Abstimmungszug auf.
Reform Bauplanungsgesetz
Und jetzt? Thema abhaken und zur Tagesordnung übergehen? Nicht ganz, nein. Bereits in zwei Wochen geht der Kampf gegen Zersiedelung oder für mehr Landschaftsschutz im Parlament weiter, vielleicht sogar heftiger als in diesem relativ lauen Abstimmungskampf. Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates beugt sich ab dem 18. Februar über die zweite Phase der Reform des Raumplanungsgesetzes.
Während die Zersiedelungs-Initiative primär einen Bauzonenstopp forderte, sieht die Raumplanungsgesetz-Reform Regeln für das Bauen ausserhalb der Bauzone vor. Wann dürfen Maiensässe in Graubünden oder alte Alpställe im Wallis ausgebaut und vergrössert werden und was muss dafür abgebaut werden?
Der Kampf geht weiter
Das sind sehr heikle Fragen, bei denen die Kantone erstmals mitreden und mitentscheiden sollen. So sieht es die Botschaft zur Reform vor. Streit ist vorprogrammiert. Eine Allianz aus Umweltverbänden hat bereits angekündigt, zwei Initiativen gegen den befürchteten «Bauboom ausserhalb der Bauzone» zu lancieren. Die Unterschriftensammlung soll demnächst beginnen.
Fazit: Trotz richtigem Ziel hat die Bevölkerung in der Zersiedelungs-Initiative die falsche Lösung gesehen. Der Kampf für mehr Landschaftsschutz und gegen Zersiedelung geht aber trotz der heutigen Niederlage weiter. Der nächste Kampf gegen das Bauen ausserhalb der Bauzone beginnt demnächst. Er könnte heftiger werden als die jetzt abgelehnte Initiative.