Seit der Bundesrat am Mittwoch die Zertifikatspflicht ausgeweitet hat – z.B. in Restaurants oder Kinos – gibt es einen starken Andrang auf Impfzentren. Zahlreiche Personen, die sich aus verschiedenen Gründen noch nicht impfen lassen wollten, tun dies nun doch.
Impfzentren müssen Kapazitäten erhöhen
So zum Beispiel in Affoltern am Albis. Hier drängen momentan täglich bis zu 1000 Personen zum Impfzentrum. Das sind mehr als zu Beginn der Impfkampagne – als pro Tag ca. 700 Personen abgefertigt wurden – und eine beinahe Verfünffachung gegenüber den Tiefständen während des Sommers. In Affoltern reagiert man mit verlängerten Öffnungszeiten und einer Personalaufstockung von 20 Personen auf die aktuelle Situation.
Im Wallis erlebt auch Leslie Bergamin – Geschäftsführerin einer Apotheke und Co-Präsidentin von Pharma-Valais – eine sehr viel grössere Impfbereitschaft. Zwar ist die Nachfrage nach Impfterminen seit Mitte August kontinuierlich gestiegen, seit Mittwoch häufen sich jedoch die Anrufe mit Fragen nach Impfterminen deutlich.
Vor Ort geben ausserdem viele Personen die Ausweitung der Zertifikatspflicht als Grund für ihren Impfbesuch an. Die Termine der Apotheke – die wöchentlich 50 bis 60 Personen impfen kann – sind bis Anfang Oktober vergeben.
Gesamtschweizerisch sieht es ähnlich aus. Seit die täglichen Erstimpfungen im August auf rund 10'000 gesunken sind, liessen sich am Donnerstag schweizweit 22'919 Personen impfen. Dies entspricht einem Anstieg von fast 6000 Personen gegenüber dem Donnerstag der Vorwoche. Ein Zusammenhang ist also auch hier durchaus zu erkennen.
Impfquote von 80 Prozent im Bereich des Möglichen
Doch hängt dieser drastische Anstieg der Neuimpfungen wirklich mit dem Bundesratsentscheid vom Mittwoch zusammen? Michael Hermann, Geschäftsführer des Forschungsinstitutes Sotomo, geht davon aus, dass es sich beim starken Anstieg der Neuimpfungen um ein Phänomen mit verschiedenen Gründen handelt.
Zum einen sei die Situation auf den Intensivstationen wieder angespannter. Weiter kam vor einigen Wochen die Weisung, dass per 1. Oktober die Tests nicht mehr gratis seien, erklärt Hermann. Und die Ausweitung der Zertifikatspflicht führe als sehr akute Massnahme, die viele Leute betreffe, ganz klar zu einem erneuten Anstieg der Erstimpfungen.
Die Personen, die sich nun impfen lassen, würden dies nicht aus Angst vor einer Erkrankung oder aus Solidarität, sondern viel eher aus pragmatischen Gründen tun. Laut Hermann werden diejenigen, die bisher noch gezögert haben, durch den Entscheid vom Mittwoch nun zur Impfung motiviert, da sie nicht in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden möchten.
Dass dieser letzte Aspekt wichtig sei, zeigten auch schon vorherige Sotomo-Umfragen. Das Impfpotential dieser Personengruppe schätzt Michael Hermann relativ hoch ein. Eine Impfquote von rund 80 Prozent bei den Erwachsenen, wie sie bei den älteren Personengruppen schon jetzt besteht, sei durchaus erreichbar.