Sie kleben sich an Autobahnen, Brücken und Bildern fest. Sie werfen Farbbeutel auf ein Gebäude des Bundes und stören die 1.-Augustrede der Umweltministerin. Die Aktivisten von Renovate Switzerland haben allein im Oktober zehnmal den Verkehr blockiert – illegal. Ziviler Ungehorsam heissen diese Aktionen. Ein Mittel, zu dem zuvor bereits andere Umweltorganisationen gegriffen haben.
So kennt man vor allem von Greenpeace solch spektakuläre, medienwirksame und auch das Gesetz ritzende Aktionen wie mit Booten gegen Walfangschiffe ankämpfen, AKW besteigen und Transparente ausrollen.
Greenpeace: «Legitime Form von Protest»
Wie steht Greenpeace den Aktionen von Renovate Switzerland gegenüber? Laut Mediensprecherin Yvonne Anliker sieht Greenpeace Schweiz Renovate Switzerland klar als Mitspielerin und keineswegs als Konkurrenz. «Denn je mehr Menschen wir sind, die verstärkten Klimaschutz fordern, desto eher können wir Politik und Wirtschaft aufrütteln, damit wir endlich wirkungsvollen Klimaschutz haben.»
Angesichts der Klimakrise ist es sehr legitim und verständlich, dass Menschen sich zu solchen Aktionen gedrängt fühlen.
Deshalb zeigt Greenpeace Schweiz Verständnis für die Protestformen der neuen Umweltgruppierung: «Angesichts der Klimakrise ist verständlich und nachvollziehbar, dass Menschen sich zu solchen Aktionen gedrängt fühlen.» Laut Anliker agiert Renovate Switzerland friedlich, um sich Gehör zu verschaffen. «Es ist ziviler Ungehorsam und eine legitime Form von Protest.»
Für Yvonne Anliker sollten aber nicht die Aktion selbst und der zivile Ungehorsam im Zentrum der Diskussionen stehen, sondern die Tatsache, dass immer mehr Menschen bereit seien, rechtliche Konsequenzen auf sich zu nehmen, um auf die Klimakrise hinzuweisen. «Das sollte ein Weckruf sein für Politik und Wirtschaft.»
WWF: «Nicht unser Weg»
Anders tönt es beim WWF Schweiz. Manuel Graf, Leiter Politik, sagt gegenüber SRF: «Es ist unbestritten, dass es eine hohe Dringlichkeit und einen hohen Handlungsbedarf in Sachen Klimaschutz gibt.» Am Schluss müsse aber jede Organisation selbst entscheiden, mit welchen Massnahmen sie ihre Ziele erreichen wolle.
Für den WWF Schweiz ist klar, dass er sich nicht an solchen Aktionen des zivilen Ungehorsams beteiligen wird.
«Das löst verständlicherweise Frust aus, wenn man nicht in einem Tempo vorwärtskommt, wie es angesichts des Problems nötig wäre», sagt Graf. Für WWF Schweiz sei aber klar, dass man sich nicht an solchen Aktionen des zivilen Ungehorsams beteiligen werde. «Wir wollen konkrete Vorschläge in die Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit und zu den Bürgerinnen und Bürgern tragen.»
Auf die Kritik von Renovate Switzerland, dass der Weg über die Politik zu langsam gehe, antwortet Graf: «Wir haben tatsächlich eine hohe Dringlichkeit. Das Zeitfenster der Lösungen schliesst sich. Es braucht jetzt mehr politischen Willen, mehr Willen bei den Akteuren in der Wirtschaft und der Zivilbevölkerung.»
Mit weiteren Aktionen ist zu rechnen
Obwohl der Weg der Umweltorganisationen sich unterscheidet, sehen doch alle raschen Handlungsbedarf und vor allem die Notwendigkeit, dass die Gesellschaft auf das Thema aufmerksam wird und reagiert.
Renovate Switzerland hat nach den zehn Strassenblockaden im Oktober noch keine weiteren Aktionen angekündigt. Doch mit Ruhe ist laut Greenpeace-Schweiz-Mediensprecherin Yvonne Anliker nicht zu rechnen: «Wir sehen, dass nichts geht. Deshalb gehen wir davon aus, dass auch immer mehr Greenpeace-Aktivistinnen oder Aktivisten anderer Organisationen mit zivilem Ungehorsam auf ihre Anliegen aufmerksam machen werden.»