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Zürich kokst in rauen Mengen Kokainkonsum bei Jugendlichen – wie gelingt Prävention?

Fast ein Viertel der 24-Jährigen in Zürich konsumiert Kokain. Wie kann Prävention dennoch gelingen?

Quer durch alle Schichten hindurch wird das weisse Pulver geschnupft – mal mehr, mal weniger. Eine Studie der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich von Ende letztem Jahr hat die Schweiz dennoch aufgerüttelt: Fast ein Viertel der 24-jährigen Zürcherinnen und Zürcher konsumiert Kokain.

Fast jede und jeder Vierte in dieser Altersgruppe in Zürich also hat die harte und schnell abhängig machende Droge schon mindestens einmal konsumiert, ein Teil davon regelmässig. Dieser Wert ist massiv angestiegen im Vergleich zu früheren Studien.

Symbolbild einer Jugendlichen, die Kokainlines präpariert.
Legende: Eine Jugendliche präpariert auf ihrem Handy Kokain-Lines. Für viele Jugendliche gehört die harte Droge mittlerweile zum Ausgang dazu. (Symbolbild) Keystone / Christof Schürpf

Fachleute sind beunruhigt ob dieser Entwicklung. Für Boris Quednow etwa gibt es mehrere Gründe, wieso der Kokainkonsum hierzulande so hoch ist. Der Pharmakopsychologie-Professor hat die Zürcher Studie mitverfasst. Nebst der leichten Verfügbarkeit der Droge sei sie relativ günstig zu haben: «Kokain kostet hier genauso viel wie in Barcelona oder Berlin. Aber die Kaufkraft ist halt quasi doppelt so hoch», sagt er.

Taschengeld kürzen?

Doch wie gelingt Prävention? Das sei generell schwierig zu eruieren. Suchtforscher Boris Quednow spricht gewissermassen von einer potenziellen Eine-Million-Dollar-Frage. «Wir wissen es nicht genau – viele Präventionsansätze haben sich als entweder unwirksam oder gar schädlich erwiesen», meint der Fachmann.

Schädlich deshalb, weil je mehr man mit Jugendlichen über Kokain spreche, desto mehr normalisiere man die Droge. Das sieht Gregor Burkhart ähnlich. Er arbeitet für die Drogenagentur der Europäischen Union und leitet dort seit fast 30 Jahren die Abteilung Prävention.

Anstelle von Kampagnen, die sich an die Gesamtbevölkerung richten und unter Umständen gar auf den Konsum aufmerksam machen, sieht er einen wirkungsvolleren Ansatz beim verfügbaren Geld von Jugendlichen.

Symbolbild einer Jugendlichen, die Kokain schnupft.
Legende: Kokain wird vorwiegend geschnupft, manchmal geraucht und seltener gespritzt. Zu den Konsumenten zählen in der Schweiz Menschen aus allen Gesellschaftsschichten. (Symbolbild) Keystone / Christof Schürpf

Erhebungen aus Spanien zeigten, wofür Junge ihr Geld ausgeben – je nachdem, wie viel Taschengeld sie bekommen. Bis zu einer Marke von etwa 15 Euro pro Woche gäben sie es für Alkohol aus, bei rund 19 Euro komme Cannabis dazu, bei über 23 Euro pro Woche dann Kokain, erklärt er den sich verändernden Konsum, je höher das Budget ausfällt.

Freizeit sinnvoller gestalten

Bloss: Den Jungen einfach das Taschengeld zu kürzen, löst das Problem noch nicht. Gregor Burkhart denkt Prävention darum im grösseren Rahmen. Anzusetzen sei demnach nicht nur beim einzelnen Jugendlichen, sondern bei der Stadtplanung.

«Da ist gerade die kommunale Politik gefragt, unsere Umwelt so zu gestalten, dass gesünderes Verhalten einfacher ist», sagt er und denkt dabei etwa an Parks oder Angebote für Jugendliche, um die Freizeit sinnvoller zu gestalten.

Präventionsarbeit an Schulen

Bei der Sensibilisierung von Jugendlichen spiele auch die Schule eine wichtige Rolle, ist Irene Abderhalden überzeugt. Sie forscht an der Fachhochschule Nordwestschweiz und ist Mitglied der Eidgenössischen Kommission für Fragen zu Sucht. In der Schule sei es mithin möglich, alle Jungen zu erreichen.

Ein Polizist läuft durch sichergestellte Pakete Kokain.
Legende: Angebaut und hergestellt wird Kokain in Südamerika. Vorwiegend per Schiff oder Flugzeug findet es den Weg in alle Welt, beispielsweise verpackt in Blöcken. Hier eine Aufnahme aus der kolumbianischen Hauptstadt Bogotà nach einem Fahndungserfolg der Behörden. Keystone / AP / Fernando Vergara

Doch sie gibt zu bedenken, dass die Schulen bereits heute viele Aufgaben zu erfüllen hätten. Deshalb brauche es eine gut durchdachte Prävention, nicht dass die Schüler beispielsweise einen halben Tag Sucht- und dann am nächsten Tag Gewaltprävention hätten. «Das müsste viel koordinierter sein», so die Expertin.

Sie plädiere indes dafür, die positiven Ziele der Prävention in den Vordergrund zu stellen. Damit die Jugendlichen im positiven Verhalten bestärkt und hoffentlich weniger Kokain konsumieren würden.

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 07.02.2025, 17:30 Uhr ; 

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