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Zug in digitaler Parallelwelt Erste Schweizer Stadt schafft öffentlich zugängliches Metaverse

Zug hat hierzulande als Erstes Bitcoins und Co. zum Zahlen akzeptiert. Nun ist die Stadt auch Vorreiterin im Metaverse.

Der Krypto-Coup liegt knapp zehn Jahre zurück: 2016 gab die Stadt Zug bekannt, als erster Kanton Bitcoins als Zahlungsmittel zuzulassen. Nun folgt der nächste Streich: Als erste Stadt der Schweiz hat Zug jetzt auch ein öffentliches Metaverse.

Meta was? Metaverse ist eine virtuelle Parallelwelt. Jede und jeder kann sich in dieses digitale Universum begeben.

Zugs Stadtpräsident, André Wicki, vergleicht die Plattform mit einem Computerspiel: «Du tauchst, wie früher auf einer Playstation, in ein Spiel ein und kannst dich mit anderen Leuten austauschen.»

Virtuelles Zug bietet mehr als die echte Stadt

Und genau wegen dieser Möglichkeit des Austauschs setzt Zug neu auf ein eigenes öffentliches Metaverse. «Die Nachfrage nach Räumen ist sehr gross, knapp dagegen das Angebot», sagt André Wicki.

Wir wollen Menschen, Vereine und Firmen miteinander vernetzen.
Autor: André Wicki Stadtpräsident Zug (SVP)

Metaverse biete hier einen Ausweg: Im virtuellen Zug kann die Stadt Räume anbieten, die dem «echten» fehlen. Und sie lassen sich erst noch gratis mieten.

Das taugt das Zuger Metaverse

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Einschätzung von SRF-Digitalredaktor Guido Berger:

Die Stadt Zug wagt sich zaghaft ins Metaverse und kommt damit gleichzeitig zu spät und zu früh. Zu spät, weil der grosse Metaverse-Hype nun gut drei Jahre her ist und von KI aus der öffentlichen Debatte verdrängt wurde. Und zu früh, weil das richtige Metaverse vielleicht noch ein Jahrzehnt weit weg ist. Die Hardware dafür ist komplex, teuer und folglich wenig verbreitet. Ausserdem ist noch immer unklar, wer da was tun soll.

Die bereits realisierten Beispiele sind immer die gleichen: virtuelle Räume für Meetings, Ausstellungen oder Konzerte. Abgesehen davon, dass nach einer Pandemie im Lockdown das Bedürfnis nach mehr virtuellen Meetings nicht gerade gestiegen ist: Das Metaverse ist nicht ein Ort, sondern ein Interface – damit verbunden ist die Hoffnung, komplexere und «körperliche» Interaktionsformen mit Netzwerk, Daten und Dienstleistungen zu ermöglichen.

Die ersten Gehversuche der Stadt Zug loten das Potenzial dieses abstrakten Konzeptes noch nicht annähernd aus.

«Wir wollen Menschen, Vereine und Firmen miteinander vernetzen», sagt Wicki. Dafür bietet das Zuger Metaverse unter anderem einen Meetingraum und eine Rooftop-Bar. «Dazu kommt ein Auditorium mit einem grossen Bildschirm, auf dem sich Präsentationen zeigen lassen.»

Wo Metaverse Zoom schlägt

Virtuelle Treffen, Austausch im Netz – da kommen Erinnerungen an Zoom-Apéros und Internetmeetings während der Corona-Pandemie hoch. Formate, die damals bei vielen schon bald eine gewisse Onlinemüdigkeit provozierten. Ist da Metaverse nicht zum Scheitern verurteilt? «Nein», sagt der Zuger Stadtpräsident. Die Plattform könne weit mehr.

Metaverse funktioniere beispielsweise auch dann zuverlässig, wenn sich viele Menschen gleichzeitig in die Parallelwelt einklinken. Und: «Man sieht nicht nur Köpfe, sondern kann sich selber als Avatar in der virtuellen Umgebung bewegen und dabei alle technischen Möglichkeiten nutzen.»

Mann in Anzug mit VR-Headset und Controller.
Legende: Mit einer Virtual-Reality-Brille ausgerüstet, begibt sich Zugs Stadtpräsident André Wicki ins Metaverse. SRF/Evelyne Fischer

Doch ist es mehr als eine blosse Spielerei? «Wenn man jemanden spielerisch abholen kann, ist die Motivation, etwas auszuprobieren, in der Regel grösser», sagt Wicki dazu.

Entdecken lässt sich das Zuger Metaverse mit einer Virtual-Reality-Brille, die sich beispielsweise in der städtischen Bibliothek ausleihen lässt. Eintauchen kann man aber auch via Internetbrowser.

Zug liebäugelt mit Lesungen und Ausstellungen

50'000 Franken hat die Stadt Zug in die neue Technologie investiert. Sie will damit nicht nur neue Treffpunkte anbieten, sondern sieht auch Potenzial in der Kultur und Kunst.

Jasmin Leuze, Leiterin der Bibliothek Zug, macht ein Beispiel: «Ob New York oder Schanghai: Für uns liegt es nahe, mit Bibliotheken auf der anderen Seite der Welt zusammenzuarbeiten.» Denkbar wäre etwa eine Lesung mit internationaler Beteiligung.

Ähnliche Visionen hegt Iris Weder, Leiterin der Abteilung Kultur: «Kunstschaffende könnten im Metaverse eine Ausstellung organisieren und dort auch ihre Vernissage abhalten.»

Wir können ein anderes Publikum ansprechen.
Autor: Iris Weder Leiterin Abteilung Kultur Stadt Zug

Selbstverständlich sei eine Bildergalerie im virtuellen Raum kein Ersatz für eine Kunstausstellung in der realen Welt. «Aber es ist eine Möglichkeit, Gemälde und Skulpturen sichtbar zu machen, die nun unzugänglich in einem Lager untergebracht sind», sagt Weder. Vielleicht könne Metaverse auch Menschen für Kunst begeistern, die sonst nicht in Museen unterwegs seien. «Wir können ein anderes Publikum ansprechen.»

Ob auch das Publikum auf Metaverse anspricht: Die Zukunft wird es zeigen.

Weiterführende Informationen

Regionaljournal Zentralschweiz, 1.4.2025, 6:31 Uhr ; 

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