Der 1. August steht im Zeichen von Corona. Klassische Feiern fallen aus, weil die Infektionszahlen wieder gestiegen sind. So sind auch die Bundesräte zurückhaltend mit Festreden. Bundesrat Alain Berset ist nach Bellinzona (TI) gereist, in den Kanton, der zu Beginn der Pandemie besonders stark betroffen war, und äussert sich auch zu den Zuständigkeiten von Bund und Kantonen.
SRF News: Bundesrat Berset, wie beurteilen Sie die aktuelle Corona-Situation?
Die Situation seit zehn Tagen zeigt, dass die Zahlen steigen. Und das ist keine grosse Überraschung, denn es gibt mehr Kontakte. Es gibt Leute, die aus dem Ausland zurückkehren. Und es gibt auch Leute, die feiern wollen, das ist auch verständlich im Sommer. Aber es ist auch mit einigen Risiken verbunden. Und man muss sich einfach sehr bewusst sein, dass die Situation fragil bleibt und sehr rasch kippen kann. Wir müssen wirklich aufpassen und wach bleiben. Wir haben sehr viel gelernt, aber wir müssen das auch in den weiteren Monaten umsetzen.
Wie haben im Moment die Behörden die Situation im Griff?
Der Bund hat die Basismassnahmen fixiert, die für das ganze Land gelten. Aber für die anderen Massnahmen sind die Kantone zuständig und das ist auch gut so. Zum Beispiel hat Genf die Clubs geschlossen, vermutlich, weil die Clubs ein Problem sind. Diese Anpassung der Massnahmen an die Realität in den Kantonen ist eine sehr gute Sache für die nächsten Monate. Ich bin sehr froh, zu sehen, dass diese Koordination zwischen Bund und Kantonen sehr gut funktioniert.
Der Bund hat die Basismassnahmen für das ganze Land fixiert. Für die anderen Massnahmen sind die Kantone zuständig und das ist auch gut so.
Es scheint derzeit ein Kompetenzgerangel zu geben zwischen Bund und Kantonen.
Das ist ein falscher Eindruck, würde ich sagen. Es ist wirklich sehr klar, was der Bund fixiert hat und was in der Verordnung im Juni festgelegt worden ist. Für den Rest: ja klar, wir ermuntern die Kantone einfach, die Massnahmen zu ergreifen. Die sind dafür zuständig, die machen das Tracing und das machen sie gut. Wenn aber das Tracing zu einem Problem wird, weil sich viel zu viele Personen anstecken, dann muss der betroffene Kanton andere, weitergehende Massnahmen treffen.
Was müsste passieren, damit der Bund wieder aktiv wird?
Ich hoffe nicht mehr. Der Bund hat alle Zuständigkeiten in die Hand genommen im Februar und März, weil die Situation ausser Kontrolle geriet. Dank der einschneidenden Massnahmen haben wir die Zahlen wieder runtergebracht. Und jetzt müssen wir neu anfangen. Die Situation ist sehr unterschiedlich in den Kantonen. Es würde heute keinen Sinn machen, einfach flächendeckende Schliessung zu verordnen. Es kann aber in Kantonen sinnvoll sein, etwas in dieser Richtung zu tun. Deswegen werden wir die Kantone sehr eng begleiten, wie es weiter geht. Es gibt keinen Grund, diese Organisation, die wir Mitte Juni gemacht haben, zu ändern.
Vollgas wie vor Corona, als ob nichts passiert wäre, das ist ausgeschlossen.
BAG-Direktor Pascal Strupler hat angetönt, für Fussball- oder Eishockey-Ligen sehe er wenig Chancen, dass mehr Fans in die Stadien dürfen. Wie sehen Sie das?
Das wird sicher bald eine Diskussion im Bundesrat sein. Wir haben jetzt ein Verbot von Grossveranstaltungen bis Ende August, auch um die internationale Situation zu sehen. Bei den steigenden Infektionszahlen wird das sicher wieder ein Thema. Weil aber die Sportligen schweizweit aktiv sind, wäre es schon ein Problem, wenn dies in einem Kanton möglich wäre und in einem anderen nicht. Diese Abwägung muss noch stattfinden. Aber Vollgas wie vor Corona, als ob nichts passiert wäre, das ist ausgeschlossen.
Das Gespräch führte Michael Spillmann.