Die Nichtwahl von Christiane Brunner in den Bundesrat im März 1993 ist nicht nur ein Markstein in Brunners politischer Biografie, sondern es ist auch ein Einschnitt in der politischen Geschichte der Schweiz. Nach den grossen Frauen-Protesten, dem Amtsverzicht des eigentlich Gewählten Francis Matthey und der Wahl von Ruth Dreifuss in die Landesregierung ist ein Bundesrat als reines Männergremium nicht mehr denkbar. Und das sieht man heute auch in vielen bürgerlichen Kreisen so.
Christiane Brunners hatte nach ihrer Nichtwahl in den Bundesrat ihre politische Karriere erfolgreich fortgesetzt. Sie wurde Genfer Ständerätin, Präsidentin des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, Präsidentin der SP Schweiz. Weiterkämpfen nach Niederlagen – das war das Motto der Westschweizerin, die aus einfachen Verhältnissen stammte.
Lebensfroh und selbstbewusst
«Wegbereiterin» ist wohl eine treffende Bezeichnung für Christiane Brunner. Das wichtigste politische Amt der Schweiz blieb ihr verwehrt, aber sie öffnete das Tor für andere Frauen. Für Aufsehen sorgte Christiane Brunner in den neunziger Jahren auch, weil sie selbstbewusst auftrat, lebensfroh war, in einer Patchwork-Familie lebte. Was heute für viele Politikerinnen selbstverständlich ist, hatte seinerzeit Christiane Brunner viel Argwohn und Ablehnung eingetragen. Auch in dieser Hinsicht war Christiane Brunner eine Wegbereiterin.
Offen bleibt die Frage, wie Christiane Brunner denn als Bundesrätin gewesen wäre – wenn sie in jenem turbulenten März 1993 gewählt worden wäre. Aber nach allem, was sie als Parlamentarierin, Gewerkschafterin und Aktivistin erreicht hat, ist diese Frage vielleicht gar nicht so wichtig.