- Attacken gegen LGBTIQ-Menschen haben in der Schweiz erneut einen Höchststand erreicht.
- Im letzten Jahr wurden gegenüber dem Vorjahr fast 50 Prozent mehr körperliche und verbale Angriffe auf Schwule, Lesben oder Transmenschen gemeldet. Die meisten Hate Crimes werden auf offener Strasse verübt.
- Betroffen sind vor allem junge Menschen und zunehmend Transpersonen, wie der neuste Hate-Crime-Bericht der queeren Dachorganisationen Pink Cross, der Lesbenorganisation LOS und des Transgender Network Schweiz zeigt.
Es passiert im Ausgang, auf der Strasse, an einer Tramhaltestelle oder im Bus. Schwule, Lesbische oder Transpersonen werden beschimpft, belästigt, teilweise auch körperlich angegriffen. Bei der LGBTIQ-Helpline gingen im letzten Jahr 134 Fälle von Hate Crime ein. Das sind doppelt so viele, wie noch vor zwei Jahren.
Körperliche Gewalt in jedem fünften Fall
In 80 Prozent der Fälle handelt es sich um verbale Beleidigungen und Beschimpfungen. Bei jedem fünften gemeldeten Fall ist körperliche Gewalt im Spiel. Demnach werden Schwule öfters körperlich angegriffen, während lesbische Personen eher sexuell belästigt oder beleidigt werden.
Nach wie vor kommen die meisten Meldungen von schwulen Personen. Deutlich zugenommen haben aber im letzten Jahr die Angriffe auf Transpersonen. Laut der LGBTIQ-Helpline kommt jeder dritte gemeldete Vorfall von einer Transperson.
Keine klare Erklärung für die Zunahme
Weshalb die Fälle von Übergriffen auf Transmenschen überproportional zugenommen hätten, sei nicht ganz klar, sagt Alecs Recher, Leiter der Rechtsberatung beim Transgender Network Switzerland. «Ich denke, es hängt mit einer erhöhten Sichtbarkeit der Helpline zusammen, aber auch mit einem zunehmenden Selbstbewusstsein der Community.» Wer eine transfeindliche Aktion beobachte, wolle auch, dass das irgendwo registriert werde.
Recher geht aber weiterhin davon aus, dass die Dunkelziffer hoch sei. Transpersonen würden auf offener Strasse sehr oft angepöbelt, teils gehe dies aber noch weiter. «Das kann bis zum Wunsch gehen, dass die Person ermordet wird. Da sehen wir das ganze Spektrum», so der Berater.
Auch Politik sei an transfeindlichem Klima schuld
Er macht auch die Politik für das transfeindliche Klima verantwortlich, konkret nennt Recher alt Bundesrat Ueli Maurer. Dieser hatte bei seiner Rücktrittsankündigung auf die Frage, ob auch eine Frau seine Nachfolge sein könnte, damit geantwortet, dass ihm die Nachfolge egal sei, solange kein «Es» ihn ersetze.
Aussagen wie die von Ueli Maurer könnten Menschen das Gefühl geben: ‹Wenn sich der Bundesrat transfeindlich äussern darf, dann darf ich das auch.›
«Er hat damit gesagt, dass es einfach keine nicht-binäre Person sein soll. Das löst natürlich nicht direkt diese Angriffe aus. Aber es legitimiert sie und legt den Nährboden dafür, dass Menschen das Gefühl haben: ‹Wenn sich der Bundesrat transfeindlich äussern darf, dann darf ich das auch. Und dann mache ich das eben auch im Alltag.›»
Alecs Recher fordert daher nun die rasche Umsetzung des nationalen Aktionsplans gegen LGBTIQ-Feindlichkeit. Entgegen dem Willen des Bundesrates hatte der Nationalrat ein entsprechendes Postulat angenommen. Dieses verlangt, dass das eidgenössische Büro für Gleichstellung auch Anliegen der LGBTIQ-Community aufnimmt, um Hass und Hetze zu bekämpfen.