Seit Beginn der Personenfreizügigkeit im Jahr 2002 sind die Zahlen der Zahnarztpraxen in der Schweiz regelrecht explodiert. Besonders gut sichtbar ist dies im Grenzkanton Tessin, wo sich die Praxen mehr als verdoppelt haben.
So gibt es heute über 450 Zahnärzte. Mehr als die Hälfte von ihnen hat ein ausländisches Diplom. Die meisten der ausländischen Zahnärzte kommen aus Italien.
Mal sind sie da, mal sind sie nicht da. Es ist für uns sehr schwierig, die Übersicht zu behalten.
Viele der Zahnärzte aus dem grenznahen Italien arbeiteten Teilzeit in den Tessiner Praxen, berichtet Tazio Gada, Präsident der Tessiner Zahnärztevereinigung: «Mal sind sie da, mal sind sie nicht da. Es ist für uns sehr schwierig, die Übersicht zu behalten.»
Für junge Tessiner Zahnärzte und Zahnärztinnen werde es aufgrund der extremen Zahnärztedichte immer härter, sich einen eigenen Kundenstamm aufzubauen.
Keine Klagen bekannt, aber...
Über die Qualität der ausländischen Zahnärzte kann Gada keine genauen Angaben machen. Von Über- oder gar Fehlbehandlungen habe er keine Kenntnis, sagte der Zahnärztepräsident. Zumal sich viele Patientinnen nicht trauten, Anzeige gegen den behandelnden Arzt zu erstatten.
Gada bezweifelt allerdings, ob immer alle Behandlungen notwendig sind. Es sei nur logisch, dass ein Zahnarzt mit wenig Arbeit dem Patienten Behandlungen vorschlage: «Ich sage nicht, dass diese Behandlungen unnütz sind, aber vielleicht sind sie nicht zwingend und vor allem nicht dringend.»
Anzeigen als einziges Mittel
Die aktuelle Situation sei auf jeden Fall alarmierend. Die Tessiner Zahnärztevereinigung handle darum da, wo es möglich sei, betont Gada. So würden regelmässig ausländische Zahnartzpraxen-Betreiber angezeigt, weil diese mit sehr aggressiver Werbung auf Kundenfang seien. Das aggressive Verhalten sei gegen das Berufsethos.
Das aggressive Verhalten widerspricht dem Berufsethos.
Tatsächlich sind beim kantonalen Gesundheitsdepartement in den letzten fünf Jahren über 50 Anzeigen wegen aggressiver Werbung eingegangen.