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Zwei Männer für Amherd Markus Ritter bleibt Favorit

Die Mitte-Partei wirkt seit Wochen derangiert, unkoordiniert. Sie hat gute Gründe, aber offensichtlich niemanden, der die Mitte durch die Turbulenzen pilotiert. Gleich zu Beginn des Jahres kündigt Parteipräsident Gerhard Pfister seinen Abgang an. Kurz danach überrascht Viola Amherd mit einem nicht so früh erwarteten Rücktritt. Die Mitte hat nur zwei Wochen Zeit, um geeignete Kandidaturen für den Bundesrat zu finden.

Und dann hagelt es Absage um Absage, niemand will in Amherds Fussstapfen treten. Viele wollen es sich überlegen, am Schluss wollen sie dann doch nicht. Die favorisierten Anwärterinnen und Anwärter entdecken die Work-Life-Balance, ihre Kinder, ihre wunderbaren Verpflichtungen und vielen Ämter. Sie sagen als erste ab. Ganz neue Töne sind da zu hören: Es fehle die Lust, Lust zu haben. Oder Bundesrat zu werden befinde sich nicht auf dem Lebensplan, die Kinder seien noch zu klein, oder es fehle das «innere Feuer». Alles erfrischende, moderne Begründungen. Heutige Familienväter wollen ihr Vatersein auch leben. Und lieber weiterhin als Parlamentarierinnen und Parlamentarier mitreden, mitbestimmen, die Geschicke der Schweiz beeinflussen. Und vor allem: Die Agenda selber bestimmen. Dass einige auch das Verteidigungsdepartement VBS mit all seinen Problemen nicht übernehmen wollten, sagt freilich niemand öffentlich.

Nur Markus Ritter will

Als Ritter in der Not springt Biobauer und Bauernpräsident Markus Ritter in die Bresche. Er tönt bereits magistral, als er unter geschnitzten Bären im ehrwürdigen Saal in St. Gallen sein Feuer für das VBS entfacht. Ohne Militärkarriere, Ritter ist Gefreiter. Doch auch das verpackt er so, dass es mindestens nach Kommandant tönt.

Markus Ritter wirkt immer in Hochform, als Stratege, als Führungspersönlichkeit, als Anpacker. Kurz: Markus Ritter traut man alles zu; damit eckt er auch an. An seinen Wahlchancen zweifelt dennoch kaum jemand. Entsprechend bleibt der zweite Platz neben Ritter auf dem Ticket leer. Die anderen Parteien verlangen eine Auswahl, zumindest zwei Leute müssen es sein, fordern sie.

Es ist vollbracht

Der Name Martin Pfister taucht kurz auf, dann hört man von ihm nichts mehr. Das ist verdächtig. Dann taucht er wieder auf, als zweiter Kandidat. Pfister wer? Nicht Gerhard, Martin, nicht verwandt, aber bestens bekannt. Die Chefs der Findungskommission strahlen, es ist vollbracht, endlich sagt noch einer Ja.

Vielleicht weil Martin Pfister sich nicht grosse Chancen ausrechnet? Oder weil er eben doch ein paar Trümpfe besitzt? Dem Offizier braucht niemand das VBS zu erklären. Er hat einige Jahre Führungserfahrung in der Zuger Exekutive, gilt als umgänglich, also «gmögig» und dossiersicher. Die Zentralschweiz wieder im Bundesrat vertreten, auch das ist nicht verkehrt. Und: Martin Pfister ist kein Landwirt.

Die Knorzerei bei der Kandidatensuche hat auch mit der Positionierung der Partei im Bundesrat zu tun. Die Mitte hat einen Sitz; der bürgerliche Viererblock aus FDP und SVP dominiert oft. Die anderen drei aus Mitte und SP unterliegen. Deshalb träumt die Mitte gerne von einem zweiten Sitz, den sie der FDP abjagen will.

Falls das mal ansteht, dürfte das Interesse viel grösser sein, denn würde das Gelingen, wäre die Mitte mit der SP in der Mehrzahl und könnte mitbestimmen. Es sei denn, jemand der beiden Mitte-Bundesräte stimmt dann lieber mit FDP und SVP.

Ruth Wittwer

Bundeshaus-Korrespondentin

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Ruth Wittwer ist Bundeshaus-Korrespondentin von Radio SRF, seit 2017 gehört sie zur SRF-Inlandredaktion. Sie arbeitet seit vielen Jahren als Journalistin. Unter anderem sechs Jahre in den USA , davor bei Radio SRF 3 sowie Lokalradios und -zeitungen.

Echo der Zeit, 03.02.2025, 18 Uhr

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