Seit Beginn der Coronakrise Mitte März haben die Velofahrten in der Schweiz um 70 Prozent zugenommen, wie eine Studie der ETH Zürich zeigt. Nicht verändert hat sich aber die Fahrrad-Infrastruktur, kritisiert Pro Velo. Zürich beispielsweise habe hier eine Chance verpasst.
«Anstatt etwas für den Veloverkehr zu machen, waren die Schlagzeilen eher negativ. Mit gesperrten Velorouten entlang der Seeanlage, oder mit Umleitungen, die man fahren musste», sagt Yvonne Ehrensberger, Geschäftsführerin von Pro Velo Zürich. Sie findet, man hätte mutiger vorgehen und auch temporäre Velowege einrichten sollen, wie andere europäische Städte auch.
«Am Gesetz vorbei aufgemalt»
Davon hält man bei der Stadt Zürich gar nichts. Und zwar «weil das nicht nachhaltig gewesen wäre», wie Pio Sulzer, Sprecher des städtischen Tiefbauamtes, erklärt. «Nach dem Ende der Coronakrise hätten wir solche Sofortmassnahmen, die am Gesetz vorbei aufgemalt werden, wieder rückgängig machen müssen.»
Auch in Bern setzte man während des Corona-Lockdowns nicht auf Velo-, sondern auf Fussgängerförderung. Denn: «In der Sache Veloverkehr sind wir eigentlich schon unabhängig von Corona sehr ambitioniert unterwegs», findet Verkehrsplaner Jürgen Messmann.
Bern sei bei der Veloförderung tatsächlich vorne dabei, heisst es auch bei der Velo-Lobby. Dennoch hätte man sich gewünscht, dass andere Deutschschweizer Städte die Corona-Zeit genutzt hätten, um das Velo stärker zu fördern. «Für Städte wie Zürich, Luzern oder Basel wäre das die Chance gewesen», sagt Juerg Haener von Pro Velo Schweiz. «Die Situation für Velofahrer ist bei Weitem noch nicht befriedigend.»
Neue Velostreifen über Nacht
Ganz anders fällt das Velo-Engagement in der Romandie aus. Die Städte Genf und Lausanne haben als Folge der Coronakrise quasi über Nacht neue Velostreifen hin gepinselt und neue Zonen mit Tempo 20 und 30 geschaffen. Velo-Vertreter wie Haener hoffen, dass aufgrund des Velobooms jetzt auch durch die Deutschschweizer Städte ein Ruck geht und das Velonetz schneller ausgebaut wird.