Die Mutthorn-Hütte ist eine beliebte Unterkunft für Bergsteigende im Berner Oberland, die eine spektakuläre Sicht auf den Kanderfirn bietet. Sie ist seit Frühling 2022 für Bergsteigende gesperrt, da der Boden des Refugiums aufgrund schmelzenden Permafrostes talwärts rutscht. Über dem Steinbau befinden sich 100'000 Kubikmeter Fels, die sich in Bewegung befinden und in die Tiefe stürzen könnten.
Soll die Hütte für viel Geld verschoben werden? Oder soll der heikle Standort aufgegeben und das Mutthorn wieder ganz der Natur überlassen werden? Mit dieser Frage beschäftigt sich der SAC Weissenstein, dem die Hütte gehört. Eine Diskussion, die mit Blick auf die rasch schmelzenden Gletscher vielen Sektionen des Schweizerischen Alpenclubs noch bevorsteht.
Wie sehr diese Frage die naturverbundenen Bergfreunde beschäftigt, zeigte sich am Wochenende an der Hauptversammlung des SAC Weissenstein. Diese Sektion entschied über die Zukunft der Mutthorn-Hütte. Zwar sprachen sich von 250 Personen 160 für einen Ersatzneubau aus. 19 enthielten sich, 73 stimmten jedoch gegen den Neubau einen Kilometer entfernt im Gebiet Mutthorn. Dies aus verschiedenen Gründen.
So sagte etwa SAC-Mitglied Moritz Wagner: «Diese Hütte ist an einem Ort gebaut, wo man sie nur mit Helikoptern versorgen kann, das ist keine nachhaltige Art, eine Hütte zu versorgen.»
Die alte Hütte könne wegen des Klimawandels nicht mehr benutzt werden und jetzt baue man eine neue Hütte, die genau gleich versorgt werde. «Das befeuert den Klimawandel weiter», so Wagner.
Diese Hütte ist an einem Ort gebaut, wo man sie nur mit Helikoptern versorgen kann, das ist keine nachhaltige Art, eine Hütte zu versorgen.
SAC-Mitglied Dieter Meier sieht es ähnlich: «Ich will, dass man der Realität in die Augen schaut. Dass man von Nachhaltigkeit spricht und Rückbau betreiben will, wenn einmal etwas nicht mehr geht.»
SAC will ökologischer werden
Fabienne Notter, Präsidentin des SAC Weissenstein, nahm die Bedenken auf. «Auch bei uns in den SAC-Sektionen findet ein Umdenken statt. Man ist teilweise ökologischer unterwegs. Man legt mehr Wert darauf, dass man mit dem Zug auf Touren geht», sagte sie.
Nichtsdestotrotz baut der SAC jetzt für 3 Millionen Franken eine neue Hütte auf, einen Kilometer vom aktuellen Standort entfernt. Die Gebäudeversicherung, Sponsoren und der SAC Schweiz stemmen den Grossteil der Gelder. Die Mitglieder des SAC Weissenstein müssen nur je 80 Franken beisteuern. Das sei gut investiertes Geld, argumentierten die Befürwortenden.
Tour aufs Mutthorn statt Auslandsreisen
Dies, obschon in 30 bis 60 Jahren der Gletscher – die Attraktion der Mutthorn-Hütte – komplett weggeschmolzen sein wird. Es mache ja nicht mehr Sinn, ins Ausland in die Ferien zu gehen. «Es ist auch unterstützenswert, wenn man in den Schweizer Bergen touristische Ausbauten macht.»
Und Wandern sei etwas Sinnvolles, Bewegung tue den Menschen gut, so Carla Ringenbach. In einem anderen Votum äusserte ein Mann die Hoffnung, dass seine Kinder im Gebiet der Mutthorn-Hütte auch in 20 Jahren noch Schnee sehen könnten.
Der Hüttenchef will ebenfalls an der Mutthorn-Hütte festhalten, wie er letzten August gegenüber SRF bekräftigte. Er sieht gar grosses ökonomisches Potenzial, sollte der Gletscher dereinst ganz weg sein. Heute sei die Hütte nur für Bergsteigende erreichbar. «In Zukunft braucht man kein Seil oder Bergführer mehr, um zur Hütte zu gelangen.» Dann könne man über Felsen laufen. Durch eine mit Bergseen durchsetzte Landschaft. «Das ermöglicht einem ganz anderen Publikum, die Hütte zu besuchen», sagt Roger Herrmann.