«Nothilfe für die Ukraine – jetzt spenden»: So empfängt einen derzeit die Bezahl-App Twint. Ein Klick darauf und man landet in wenigen Schritten auf einer Plattform, auf welcher man seine bevorzugte Hilfsorganisation auswählen und seine Spende abgeben kann. Das ist praktisch und einfach. Allerdings: Gleich zwei gewinnorientierte Unternehmen profitieren damit scheinbar vom derzeit enorm hohen Spende-Aufkommen. Neben Twint ist es das Fundraising-Unternehmen Raisenow – eine AG mit Sitz Zürich, die laut eigenen Angaben eine «exklusive Partnerschaft» mit Twint eingegangen ist.
«Goldene Nase im Krieg?»
Auf der Redaktion des SRF-Konsumentenmagazins «Espresso» melden sich nun einige irritierte Hörerinnen und Hörer: Verdienen sich diese Unternehmen eine «goldene Nase im Krieg?», heisst es etwa. Denn in der Tat: Nicht der gesamte Spendenbetrag kommt bei der jeweiligen Hilfsorganisation an. Raisenow behält nach eigenen Angaben im Schnitt 1,8 Prozent des Spendenbetrags zurück.
Wir sind nicht auf Profitmaximierung aus und haben bisher alles, was wir verdient haben, in unsere Technik investiert.
Eine goldene Nase verdiene man sich aber auch mit dem aktuell grossen Spendenaufkommen nicht, sagt Raisenow-CEO Marco Zaugg auf Anfrage von «Espresso»: «Wir sind nicht auf Profitmaximierung aus und haben bisher alles, was wir verdient haben, in unsere Technik investiert.» Man habe seit der Gründung im Jahr 2015 noch keinen Franken Dividende ausbezahlt. Auch Twint wehrt sich in aller Deutlichkeit gegen den Vorwurf, den Krieg in der Ukraine auszunutzen: «Das ist schlichtweg falsch und eine ärgerliche Fehleinschätzung.» Genaue Zahlen nennt das Unternehmen nicht, gibt aber an, dass die eigenen Aufwände für die Spendenkampagne die Einnahmen «bei weitem» übersteigen würden. Zudem spende Twint auch selbst für die Ukraine.
Spender können Gebühren übernehmen
Gebühren fallen beim Spenden grundsätzlich immer an: So werden etwa Kreditkartengebühren vom gespendeten Betrag abgezogen, es gibt Schaltergebühren bei der Einzahlung auf der Post, Hilfswerke bezahlen Kontoführungsgebühren usw. Und was eben auch unter diese Gebühren fällt, sind die Kosten für die möglichst unkomplizierte Abwicklung von Online-Spenden – also eben beispielsweise die 1,8 Prozent, die Raisenow für die Bereitstellung der Technik verlangt.
Relativ neu ist, dass die Hilfswerke diese Gebühren teilweise ausweisen und die Spenderinnen und Spender um eine Übernahme bitten. Gerade bei Spenden über Online-Kanäle ist das sehr einfach möglich. Dabei lässt sich allerdings nicht bei jeder einzelnen Spende sagen, wozu die Gebühren verwendet werden, sondern die Hilfswerke machen eine Art Mischrechnung. Aufgrund dieser ergibt sich ein Prozentsatz, den sie den Spendenden zur Übernahme vorschlagen.
Die Hilfswerke weisen darauf hin, dass bei einer Spende via Banküberweisung (Online-Banking) keine Transaktionsgebühren anfallen.
Spendenvolumen erhöht sich
Die von «Espresso» angefragten Hilfsorganisationen sind sich bewusst, dass das Ausweisen von Bearbeitungs- oder Transaktionsgebühren kritische Fragen bei Spenderinnen und Spendern aufwirft. «Denn man möchte ja, dass möglichst jeder Rappen bei den Bedürftigen ankommt», sagt etwa Katharina Schindler vom Schweizerischen Roten Kreuz (SRK).
Denn man möchte ja, dass möglichst jeder Rappen bei den Bedürftigen ankommt.
Gleichzeitig sind Hilfsorganisationen an möglichst einfachen Spende-Lösungen interessiert, weshalb sie auch auf kostenpflichtige Techniken wie jene von Raisenow zurückgreifen: «Damit erreichen wir eine Zielgruppe, an die wir über unsere eigenen Plattformen nicht herankommen», heisst es beim SRK. Und auch andere Organisationen betonen: Das Spendenvolumen sei dank solcher Lösungen deutlich höher.