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Welt-Aids-Konferenz in München Kampf gegen HIV – so weit sind wir in Europa

Die WHO erhofft sich von der Konferenz neuen Schwung für den Kampf gegen HIV.

Der Anlass: Vor der internationalen Aids-Konferenz ruft die WHO zu einem entschlossenen Kampf gegen HIV und damit verbundene Stigmata auf. Die Zahlen der Neuinfektionen und der Todesfälle stiegen in der WHO-Region Europa an, das Epidemie-Geschehen sei dort jedoch sehr ungleich verteilt, sagte WHO-Regionaldirektor Hans Kluge der deutschen Nachrichtenagentur DPA.

Welt-Aids-Konferenz in München

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Rund 18'000 Personen aus 175 Ländern nehmen am Montag an der Welt-Aids-Konferenz teil. Eines der Ziele ist laut der Konferenz-Leitung, die politischen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Kräfte so zu mobilisieren, dass für Menschen mit HIV überall auf der Welt eine Therapie möglich werde.

Werden HIV-positive Menschen rechtzeitig mit antiviralen Medikamenten behandelt, ist für sie ein weitgehend normales Leben möglich. Ohne Behandlung kann das Virus Aids hervorrufen.

Nach Angaben der UNO stirbt weltweit jede Minute eine Person an den Folgen von Aids – auch heute noch. Weil nach wie vor ein Viertel aller Menschen mit HIV weltweit keinen Zugang zu Therapien hat.

Ein grosses Thema im Kampf gegen Aids wird kommende Woche an der Welt-Konferenz in München auch das Geld sein. Dieses fehlt dem UNO-Programm UNAIDS und auch anderen Programmen. Auch, weil viele Länder andere Prioritäten setzen. Zum Beispiel, weil sie ihre Verteidigung aufrüsten, wie etwa in Europa.

Immense Unterschiede in Europa: «Die Situation in der europäischen Region ist eine der dramatischen Gegensätze», ergänzte der Belgier. Manche Länder hätten die Übertragung von HIV fast vollständig gestoppt und stünden kurz davor, sagen zu können, dass das Ende von Aids in Sicht sei. In anderen blieben die Sterberaten dagegen weiterhin inakzeptabel hoch. HIV-Diagnosen erst im Spätstadium seien heute noch ein Problem und man müsse sich dringend mit der weit verbreiteten Stigmatisierung der Betroffenen auseinandersetzen.

Zwei Personen bei der medizinischen Handschuh-Tray-Beratung.
Legende: In gewissen Weltregionen wie in West- und Zentraleuropa ist HIV etwas von der Bildfläche verschwunden. Länder in Osteuropa wie Russland oder die Ukraine weisen hingegen eine hohe Zahl an Neuinfektionen aus. Keystone/MICHAEL BUHOLZER

«Aids-Müdigkeit» herrscht: Kluge hegt Hoffnungen, dass die Welt-Aids-Konferenz das Thema wieder stärker ins Bewusstsein rückt. «Die Konferenz findet auch zu einem Zeitpunkt statt, an dem das Thema HIV/Aids in vielen Teilen der Welt von der Bildfläche verschwunden zu sein scheint», sagte er. Es sei von «Aids-Müdigkeit» die Rede bei einem Thema, das einst weltweit eine weitaus grössere Rolle gespielt habe. Heute müsse man gleich eine ganze Reihe an Gesundheitsherausforderungen meistern – dennoch könne man es sich nicht leisten, bei der Bekämpfung von HIV und Aids nachzulassen.

110'000 HIV-Neudiagnosen in Europa in einem Jahr

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Nach Hans Kluge, dem Regionaldirektor der Weltgesundheitsorganisaton, leben in der WHO-Region Europa insgesamt etwa drei Millionen Menschen mit HIV, weltweit sind es demnach schätzungsweise 39 Millionen. In der Schweiz leben gemäss neueren Schätzungen rund 16'600 mit HIV infizierte Menschen, wie das Bundesamt für Gesundheit auf seiner Webseite schreibt.

Laut dem jüngsten HIV/Aids-Bericht der WHO Europa und der EU-Gesundheitsbehörde ECDC wurde im Jahr 2022 bei mehr als 110'000 Menschen in dieser Region HIV diagnostiziert, was einem leichten Anstieg im Vergleich zu 2021, aber einem recht deutlichen Rückgang im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 entspricht. Ein Grossteil der Diagnosen wurde 2022 demnach im Osten der Region gestellt, mit den höchsten Pro-Kopf-Raten in Russland, der Ukraine und Moldau.

Erfolgreicher Kampf: Insgesamt sei die Welt im Kampf gegen HIV und Aids sehr weit gekommen, lobte Kluge. Jahrzehntelang sei eine HIV-Diagnose für Millionen von Menschen einem Todesurteil gleichgekommen, doch dann habe sich die Antiretrovirale Therapie (ART) als «Game-Changer» erwiesen. Zwischen 2000 und 2021 sei die weltweite Zahl der HIV-Neuinfektionen um satte 49 Prozent gefallen, die der HIV-bedingten Todesfälle gar um 61 Prozent.

Hoffnungsschimmer aus Deutschland: Derweil wurde vor wenigen Tagen bekannt, dass ein weiterer HIV-Patient geheilt worden sei. Bei dem als «zweiten Berliner Patienten» bezeichneten Mann sei das Virus trotz abgesetzter antiviraler Therapie seit mehr als fünf Jahren nicht mehr nachweisbar, so Forscher der Berliner Charité. Damit sei er als dritter Mensch in Deutschland und – je nach Zählweise – als sechster oder siebter Mensch weltweit als geheilt anzusehen.

HIV und Blutkrebs: Der heute 60-Jährige wurde 2009 positiv auf HIV getestet. Ihm wurden Stammzellen einer gesunden Spenderin inklusive Immunsystem übertragen. «Das Spenderimmunsystem übernimmt sozusagen die Kontrolle», erläuterte Olaf Penack, Oberarzt der Klinik mit Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie. Das Besondere an diesem Fall sei die Behandlungsmethode, sagte Christian Gaebler, Arbeitsgruppenleiter an der Klinik für Infektiologie und Intensivmedizin der Charité.

Forschende staunten: Nach der Stammzellspende bekam der Patient auch eine «antiretrovirale Therapie». Er setzte diese 2018 aus eigener Entscheidung ab. Er sei schon lange der Überzeugung gewesen, geheilt zu sein, so die Forscher. Seitdem gebe es keinen Hinweis auf eine erneute Virusvermehrung, sagte Gaebler. «Wir waren alle sehr erstaunt und erfreut.» Die Forscher untersuchen aktuell, wie der Erfolg zu erklären ist. Eine Rolle könne spielen, dass das Immunsystem des Erkrankten schnell durch das Spenderimmunsystem ersetzt worden sei, so Gaebler.

SRF 4 News, 21.07.2024, 12:30 Uhr ; 

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