Auch die «Too big to fail»-Regulierung im Schweizer Bankengesetz konnte den Zusammenbruch der Credit Suisse nicht verhindern. Die UBS musste die systemrelevante Bank übernehmen – und der Bund und die Schweizerische Nationalbank (SNB) garantierten Sicherheiten von 259 Milliarden Franken. Bis zu 168 Milliarden hat die CS gemäss eigenen Angaben bereits bezogen.
Die CS stand also kurz vor dem Abgrund. Braucht es demnach keine systemrelevanten Banken mehr? Monika Rühl, Direktorin des Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse, widerspricht. Wieso, verrät sie im Interview.
SRF News: Inwiefern trifft Economiesuisse eine Verantwortung?
Monika Rühl: Als Dachverband hat man immer eine Mitverantwortung. Aber wie eine Unternehmung aufgebaut ist und funktioniert, entscheidet sie selber.
Vielleicht haben wir bei den Banken direkt zu wenig kritisch nachgefragt.
Und doch hat Economiesuisse die Bankenregulierungen mitgeprägt.
Wir haben alle gesehen, dass bei der CS etwas nicht funktioniert, aber trotzdem zugeschaut und abgewartet. In diesem Sinn haben wir allenfalls eine Mitverantwortung. Vielleicht haben wir bei den Banken direkt zu wenig kritisch nachgefragt.
Trotzdem: Diejenigen, die neben der CS-Führung direkt in der Verantwortung stehen, sind der Bundesrat, die SNB und die Finanzmarktaufsicht Finma.
Man hat sich in der Vergangenheit meistens gegen Regulierungen gewehrt.
Jegliche Regulierung muss sorgfältig angeschaut werden. Bundesrätin Karin Keller-Sutter hat auch schön gesagt, man könne nicht alle Risiken wegregulieren.
Und bei systemrelevanten Banken gibt es auch internationale Vorschriften; wir wollen natürlich auch, dass Schweizer Banken global wettbewerbsfähig sind.
Banal gesagt: Der Profit steht im Zentrum.
Nein. Das bedeutet, sicherzustellen, dass die Schweizer Wirtschaft insgesamt gut finanziert werden kann. Darum haben wir ein Interesse daran, dass wir einen funktionierenden Finanzplatz haben.
Auch an einem solchen Finanzplatz? Dass 259 Milliarden Franken aufgeworfen werden müssen und Notrecht zum Zug kommt, kann doch nicht im öffentlichen Interesse sein?
Natürlich nicht – und wir sind deswegen auch wütend. Hier muss geklärt werden, wer verantwortlich ist und dann Regulierungsanpassungen gemacht werden. Und zwar früher als in einem Jahr, wie es dem Bundesrat vorschwebt.
Ich kann nicht versprechen, dass dies nicht ein drittes Mal passieren wird.
2008 hatten wir die Rettung der UBS. Nun der Fall CS. Sind Sie einverstanden mit der Aussage: Ein drittes Mal darf so etwas nicht passieren.
Ich bin damit einverstanden, kann allerdings nicht versprechen, dass dies nicht ein drittes Mal passieren wird.
Darf es also keine weitere Bank geben, die «too big to fail» ist?
Das glaube ich eben nicht. Wir müssen diese Risiken eingehen, denn unternehmerische Tätigkeiten ohne Risiken gibt es einfach nicht.
Systemrelevante Banken abzuschaffen, ist ein Schnellschuss aus der Politik. Davor haben wir Angst.
Systemrelevante Banken abzuschaffen, ist ein Schnellschuss aus der Politik. Davor haben wir Angst. Denn führt man diesen Gedanken zu Ende, hätten wir auch ein Problem mit der Zürcher Kantonalbank oder der Raiffeisen-Gruppe.
Normalerweise sind Sie gegen eine staatliche Industriepolitik. Aber bei den Banken sind Sie der Meinung, dass genau dieser Staat einspringen muss, wenn eine systemrelevante Bank einzugehen droht.
Das habe ich nicht gesagt. Es ist aber ein Aspekt, der zur Diskussion stehen muss. Dabei dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, wie eng unsere Wirtschaft mit dem Ausland verzahnt ist, was natürlich auch für die Banken gilt.
Das Gespräch führte Oliver Washington.