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Wie entscheidend ist Geld bei der Berufswahl?
Aus Rendez-vous vom 06.10.2023. Bild: Keystone/Gaetan Bally
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4200 Franken pro Monat Hohe Löhne sollen unbeliebte Lehrstellen attraktiv machen

Der Fleischverarbeiter Bell will tief in die Tasche greifen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Andere Branchen sind da zurückhaltender.

Wer in der Schweiz eine Lehre macht, erhält einen bescheidenen Lohn, denn die Ausbildung kostet Geld. Die Betriebe betreuen die Lernenden, das verursacht Kosten. Im ersten Jahr der Ausbildung erhalten die Lernenden ein paar hundert Franken, im zweiten Jahr im Schnitt um die 1000 Franken und im dritten Lehrjahr ist es nochmals etwas mehr.

Es stellt sich die Frage, wie man den Nachwuchs sicherstellen kann – und da gehört die Lohndiskussion dazu.
Autor: Ruedi Hadorn Direktor des Schweizer Fleischdachverbands

Der Fleischverarbeiter Bell möchte nun seinen Lernenden im dritten Jahr mit 4200 Franken viermal mehr bezahlen als dies der Verband der Branche empfiehlt. Trotzdem zeigt sich der Schweizer Fleischfachverband offen für die Idee: «Es ist ein unternehmerischer Entscheid von Bell», sagt Verbandsdirektor Ruedi Hadorn. Sein Verband gebe deutlich tiefere Empfehlungen ab, doch sei er offen für das Vorgehen von Bell.

Nur jede zweite Lehrstelle besetzt

Die Metzgereien und Fleischverarbeiter haben Mühe, genügend Lernende zu finden. In den letzten Jahren blieb jeweils rund die Hälfte der Lehrstellen unbesetzt. Deshalb läuft derzeit innerhalb des Verbandes eine intensive Diskussion, wie die Lehre mit zusätzlichen Anreizen attraktiver gemacht werden könnte.

Man habe einen Nachwuchs- und Fachkräftemangel, stellt Hadorn fest. «Da stellt sich die Frage, wie man den Nachwuchs sicherstellen kann – und da gehört auch die Lohndiskussion dazu.»

Nicht nur die Metzgereien haben Mühe, ihre Lehrlingsstellen zu besetzen. So bleiben etwa im Gastgewerbe jeweils rund 40 Prozent der angebotenen Lehrstellen unbesetzt – beim Bau sind es 34 Prozent.

Baubranche hat bereits hohe Löhne

Vor allem die Baubranche hat in den vergangenen Jahren reagiert und bietet aktuell die höchsten Lehrlingslöhne der Schweiz. Im dritten Lehrjahr erhalten zum Beispiel ein Strassenbauer und eine Grundbauerin, die das Fundament einer Baustelle legt, 2300 Franken pro Monat. Das ist mehr als doppelt so viel wie in etlichen anderen Branchen.

Im Bauhauptgewerbe bezahlen wir die höchsten Lehrlingslöhne.
Autor: Bernhard Salzmann Direktor des Baumeisterverbands

Die Lehrlingslöhne nun nochmals zu erhöhen, ist für den Baumeisterverband derzeit kein Thema, sagt Verbandsdirektor Bernhard Salzmann. «Schliesslich haben wir im Bauhauptgewerbe bereits die höchsten Lehrlingslöhne.»

Die Bauunternehmen versuchen zwar, mit hohen Lehrlingslöhne die Jugendlichen für ihre Branchen zu begeistern – der Lohn alleine reiche aber nicht, betont Salzmann. «Fast wichtiger ist, ob der Beruf eine Karriere ermöglicht.»

In der Gastronomie kein Thema

Auch in der Gastronomie ist man skeptisch gegenüber einer Erhöhung der Lehrlingslöhne. «Ich finde diesen Ansatz völlig falsch», sagt Casimir Platzer, Präsident von Gastrosuisse.

Viel wichtiger sei das Verhältnis im Team und eine interessante Arbeit. Und: «Flexible Arbeitszeiten», so Platzer. Eine aktuelle Studie zeige, dass für die Jugendlichen der Lohn als Kriterium erst an fünfter Stelle komme.

Dass nun einzelne Firmen vorpreschen mit der Idee, viel höhere Lehrlingslöhne zu bezahlen, ist für etliche Betriebe heikel. Vielen fehlen dafür die finanziellen Mittel – und so könnten sie allenfalls gar keine Lehrstellen mehr anbieten.

Rendez-vous, 6.10.2023, 12:30 Uhr

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