Der Schweizer Finanzplatz schaut heute nach Lausanne – ans Bundesgericht. Mit Spannung wird ein Urteil erwartet, das für die Grossbank UBS von grösster Bedeutung ist. Die Richter entscheiden über die Frage, ob Informationen zu über 40'000 UBS-Konten an Frankreich herausgegeben werden sollen.
Frankreich verdächtigt die Kontoinhaber, dass sie ihre Gelder vor dem französischen Fiskus versteckt haben und verlangt die Daten deshalb in einem Amtshilfegesuch.
Muss die UBS Namen, Geburtsdaten und Adressen von 40'000 Kontoinhabern herausgeben oder nicht – darüber berät das Bundesgericht heute. Frankreich hatte die Kontonummern verteilt auf drei Listen aus Deutschland erhalten. Die deutschen Behörden hatten sie bei Hausdurchsuchungen in UBS-Filialen gefunden.
Aber nur bei der kürzesten der drei Listen konnte Frankreich die Personen hinter den Konten ausmachen – Untersuchungen ergaben dann, dass die meisten ihre Schweizer Konten nicht deklariert hatten. Deshalb verlangt Frankreich nun Informationen zu allen 40'000 Konten.
Leitentscheid erzwungen
Die Eidgenössische Steuerverwaltung gab diesem Gesuch statt – die UBS aber zog vor das Bundesverwaltungsgericht, und gewann. Die Daten dürfen nicht herausgebeben werden – Frankreich habe zu wenig begründet, warum die Kontoinhaber ihre steuerlichen Pflichten nicht erfüllt hätten, so das Bundesverwaltungsgericht. Denn: Allein ein Konto in der Schweiz genüge nicht für einen Verdacht auf Steuerhinterziehung.
Jetzt will die Steuerverwaltung die Frage vor Bundesgericht klären und erzwingt damit einen Leitentscheid.
Andrea Opel ist Professorin für Steuerrecht an der Universität Luzern – sie ist Konsulentin der Anwaltskanzlei, welche die UBS im Verfahren vertritt. Dieses Urteil habe eine grosse Tragweite, sagt sie: «Ich glaube, das wird ein absoluter Leitentscheid werden für die Schweizer Amtshilfe-Praxis. Absolut wichtig. Vielleicht sogar für die Zukunft des gesamten Finanzplatzes ausschlaggebend.»
Ein zweiter Prozess steht an
Für die UBS steht aber noch mehr auf dem Spiel. Sie wurde Anfang Jahr in Frankreich zu einer Rekordbusse von 3.7 Milliarden Euro verurteilt – wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Nachdem sie das Urteil angefochten hat, steht ein zweiter Prozess an.
Sollte das Bundesgericht heute grünes Licht für die Amtshilfe geben, befürchtet die UBS, dass die Daten dann im zweiten Prozess gegen sie verwendet würden. Auch in diesem Punkt wird erwartet, dass das Bundesgericht Klarheit schafft, wie Frankreich mit diesen Daten umgehen darf.