Die angespannte Lage der Armeefinanzen ist in Politik und Öffentlichkeit seit Monaten ein heisses Eisen. Für mehr Geld setzt sich insbesondere der Chef der Armee, Thomas Süssli ein. Damit eckt der ehemalige Banker, der vor seinem Eintritt in das Berufsoffizierkorps als CEO der Bank Vontobel in Asien tätig war, politisch immer wieder an. Im Eco-Talk Interview erklärt er, warum er sich trotzdem nicht beirren lässt und wofür die Armee das zusätzliche Geld eigentlich braucht.
SRF News: Es gibt mehrere Ideen, wie man das Budget für die Armee erhöhen könnte – die Mehrwertsteuer anheben, einen temporären Fonds schaffen oder in anderen Departementen sparen. Für welchen Vorschlag wären Sie?
Die Armee hat keine Präferenz für einen Vorschlag. Wir machen es anders: Wir müssen von der Bedrohung ableiten, welche Fähigkeiten und Kapazitäten die Armee braucht. Dann sagen wir: so viel Geld braucht es dafür. Für einen ersten Schritt Verteidigungsfähigkeit sind es 13 Milliarden Franken. Mit mehr Geld kann man das schneller realisieren, mit weniger Geld geht es eben länger.
Würden diese 13 Milliarden denn ausreichen, um die Schweiz optimal verteidigungsfähig zu machen?
Wenn wir einfach nur rechnen, was das Ausrüsten, also nicht das Aufrüsten, dessen kosten würde, was wir heute haben, dann wäre das 40 Milliarden Franken. Das ist eine interessante Zahl, denn das entspricht dem, was man in den letzten 25 Jahren bei der Armee gespart hat. Wenn man die ganze Armee ausrüsten will, dann kommen noch etwa 10 Milliarden Franken für Munition und Ersatzteilbevorratung dazu. Dann kommt man auf 50 Milliarden Franken.
Das ist schon wahnsinnig viel Geld, oder?
Ein grosser Teil des Armee-Budgets wird für den Betrieb ausgegeben, das sind etwa 60 Prozent. Wenn man jetzt rechnen würde, wie lange es ginge, bis die 50 Milliarden über das ordentliche Armee-Budget finanziert werden können, dann würde das bis 2040 gehen. Und bis man alles beschafft und eingeführt hat, dann wäre das eher 2050. Aus aktueller sicherheitspolitischer Lage ist das zu spät.
Ein Zuschauer sagt: Die Armee soll erst bei sich selbst sparen. Wie bei jeder Organisation gibt es einen riesigen Wasserkopf.
Die Armee wird auch bei sich selbst sparen. Wir haben eine Planung gemacht, wie viel wir selber beitragen können. Die Idee ist, dass wir bis 2030 bis zu 500 Millionen beitragen für Investitionen, die die Armee braucht. Wir sparen in allen Bereichen, im Bereich Personal und Instandhaltung. Es bedeutet vielleicht auch, dass Systeme früher ausser Dienst gestellt werden, als ursprünglich geplant. Wir werden auch bei der Truppe etwas sparen müssen, etwas weniger schiessen, etwas weniger fahren. Das ganze Sparpaket macht vor nichts Halt.
Wie laut darf ein Armee-Chef mehr Geld verlangen ohne dass er von der Politik einen «Zusammenschiss» bekommt?
Es ist keine Frage von «laut», es ist eine Frage des Argumentierens. Ich sehe es auch als meine Aufgabe als Armeechef ein Bindeglied zwischen der Armee und der Politik zu sein. Ich glaube es ist auch meine Aufgabe aufgrund der Bedrohung und dem Zustand der Armee aufzuzeigen, was es braucht. Und wenn ich das nicht machen würde, wäre das auch nicht richtig.
Das Gespräch führte Reto Lipp.