Kaum eine Schweizer Firma war bis dato so verschwiegen wie der Duftstoff-Konzern der Familie Firmenich mit Sitz in der Nähe von Genf. Nun aber fusionieren die Schweizer mit dem niederländischen Chemie-Konzern DSM – und die Aktie der gemeinsamen Firma wird in Amsterdam kotiert. Das kündeten Firmenich und DSM heute früh an.
Damit kommt erstmals Licht in den so verschwiegenen Genfer Familienkonzern: Aus Firmenich und DSM entsteht ein Konzern mit 28'000 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und über 11 Milliarden Euro Umsatz. Der Hauptsitz der neuen Firma wird doppelt sein: Einerseits im aargauischen Kaiseraugst, andererseits im niederländischen Maastricht. In Kaiseraugst ist DSM schon seit 2002 mit einer grossen Produktion von Vitamin- und Lebensmittelzusatzstoffen präsent. Damals kaufte DSM das Vitamingeschäft von Hoffmann-La Roche.
Industriell ist die Fusion zwischen DSM und Firmenich sinnvoll: Ihre Portfolios ergänzen sich. Überlappungen gibt es wenig. Ein grosser Stellenabbau sei deshalb nicht geplant, hiess es heute früh. Drei von vier Geschäftsbereichen werden aus der Schweiz heraus geführt, ein Bereich aus den Niederlanden.
Firmenich beherrscht einen Teil des Weltmarkts
Die Familie Firmenich lässt sich die Fusion versilbern: Die Familienaktionäre erhalten 3.5 Milliarden Euro in bar, zudem erhalten sie rund ein Drittel an der neuen Firma. Zwei Drittel der neuen Aktien gehen an die heutigen DSM-Aktionäre und Aktionärinnen.
Dass es DSM gelungen ist, Firmenich zu dieser Fusion zu bewegen, scheint bemerkenswert. Firmenich beherrscht zusammen mit dem Aroma-Konzern Givaudan – ebenfalls ein Westschweizer Konzern – zwar die Hälfte des Weltmarktes. Doch bis jetzt war Firmenich das versteckte Juwel, das kaum jemand kannte, obwohl es riesig ist.
Vier Milliarden Konsumenten und Konsumentinnen erreiche man täglich, sagte Noch-Firmenich-Chef Gilbert Ghostine in einem Videocall. Das weist darauf hin, in wie vielen Parfüms, Shampoos, Glaces, Waschmitteln usw. Duftstoffe von Firmenich enthalten sind.
Kein Nachfolgeproblem bei Firmenich
Ghostine war der erste CEO, der nicht aus der Firmenich-Familie stammte, als er 2014 antrat. Man fusioniere aber nicht, weil die Familie ein Nachfolgeproblem habe, betonte Ghostine heute. Sondern weil man glaube, dass sich mit DSM nun der richtige Partner anbiete, mit dem man in den Bereichen Lebensmitteln, Schönheit und Wellness weltweit führend sein könne.
Geführt wird die fusionierte Firma allerdings von DSM-Köpfen. Der heutige Firmenich-Präsident Patrick Firmenich wird nur noch als Vizepräsident walten. Und die zwei Co-CEOs kommen beide von DSM.