Haben Sie schon Pläne für Ostern? Für die Sommerferien? Wenn nicht, ist es unwahrscheinlich, dass Sie in diesen Tagen welche schmieden – solange unklar ist, welche Einschränkungen das Coronavirus noch bringen wird. Die grosse Verunsicherung lähmt Konsumenten wie Verkäufer gleichermassen.
Der Luxus-Hotelier in Zürich erhält statt Reservationen bloss noch Stornierungen. Eintrittskarten zu Sportanlässen oder Konzerten bleiben auf den Ticketportalen liegen. Selbst James Bond verschiebt sein Erscheinen in Schweizer Kinos auf den Herbst. Rentnerinnen und Rentner sollen den öffentlichen Verkehr meiden, auf Ausflüge verzichten, empfiehlt das BAG. Züge wie Flugzeuge dürften sich leeren, die Strassen sich füllen bis zum Kollaps.
Konjunkturprognosen erstaunen
Trotz allem glauben Konjunkturforscher unbeirrt, dass die Wirtschaft weiter wächst. BAK Basel prophezeite noch am Dienstag ein Wirtschaftswachstum von 1.3 Prozent, was mehr ist als letztes Jahr – und 0.2 Prozentpünktchen weniger als vor dem Auftauchen des Coronavirus. Zum selben Schluss kommt Economiesuisse. Credit Suisse prophezeit, noch ein Prozent Wachstum werde es dieses Jahr geben. Einzig der Bundesrat spricht am Freitag von «starken Auswirkungen auf die Wirtschaft», die er bald lindern will.
Daran, dass das Bruttoinlandprodukt dieses Jahr schrumpfen könnte, glauben alle grossen Prognose-Institute nicht. Eine Rezession schliessen sie aus. Das erstaunt. Und es mag daher rühren, dass sie konsequent auf ihre mathematischen Modellen bauen. Vergleichbar mit einem Meteorologen, der noch dann seinen Schönwetter-Modellen vertraut, wenn der Sturm bereits an seine Fenster peitscht.
Pessimistischer Grundtenor
Wer heute Unternehmen besucht, im Dienstleistungsbereich oder in der Maschinenindustrie, der bekommt ein eingetrübtes Bild. Gewiss, Ausnahmen gibt es: Stadler Rail, zum Beispiel, die unter der Last der vollen Auftragsbücher ächzt. Es mag auch Betriebe geben, die vom ständig wachsenden Bedürfnis nach Schutz vor dem Virus profitieren.
Aber der Grundtenor ist ein anderer: Der Direktor des Zürcher Luxushotels bangt um seine Zahlungsfähigkeit, weiss nicht, wie er die April-Löhne bezahlen soll. Ebenso der Maschinenindustrielle, der vergeblich auf seine Bestandteile aus China wartet.
Zu früh für Entwarnung
Not wird erfinderisch machen: die Swiss etwa bietet nun an, jede – hoffentlich bald wieder hereinkommende – Buchung, kostenlos stornieren zu können. Ob mit solchen kreativen Ideen der Sinkflug der ganzen Wirtschaft nicht nur verlangsamt, sondern übers Jahr gesehen auch gestoppt werden kann, bezweifelt zumindest die Börse. Dort ist der Wert der 20 grössten Schweizer Unternehmen um mehr als 100 Milliarden eingebrochen.
Wie sagte doch der BAG-Verantwortliche Daniel Koch: «Es ist nicht möglich, eine Prognose über den weiteren Verlauf der Virusausbreitung zu machen.» Womit es logischerweise auch unmöglich ist, Prognosen über seine Auswirkungen auf die Wirtschaft zu erstellen. Für Entwarnungen seitens der Konjunkturforscher, wie sie derzeit täglich verbreitet werden, dürfte es eindeutig zu früh sein.
SRF4 News, 06.03.2020, 17.30 Uhr