Die zweitgrösste italienische Geschäftsbank Unicredit will für 10 Milliarden Euro ihre Konkurrentin Banco BPM übernehmen. Damit sorgt Unicredit erneut für Schlagzeilen. Die vom ehemaligen UBS-Manager Andrea Orcel geführte Bank war im Spätsommer bereits bei der deutschen Commerzbank eingestiegen und will diese ganz übernehmen. SRF-Wirtschaftsredaktor Damian Rast ordnet ein, welche Vorteile und Risiken die Expansionsgelüste der italienischen Bank bergen.
Wie begründet die Bank Unicredit ihre Übernahmepläne?
Das Hauptargument ist: Wachstum. Die Unicredit ist bereits die zweitgrösste Geschäftsbank Italiens, nach der Intesa Sanpaolo. Aber sie will weiter wachsen. Ihr Chef, Andrea Orcel, sagt, Europa brauche grössere und stärkere Banken. Dies insbesondere, um gegen die Konkurrenz aus den USA bestehen zu können. Vor diesem Hintergrund ist auch die Beteiligung der Unicredit an der deutschen Commerzbank zu sehen. Die Italiener haben sich mittlerweile den Zugriff auf 21 Prozent des Aktienkapitals gesichert (zum Teil über Finanzinstrumente). Unicredit will die ganze Bank übernehmen.
Welche Vorteile haben grosse Banken?
Grosse Banken verfügen über mehr Eigenkapital und das ermöglicht es ihnen, mehr und grössere Kredite zu vergeben. Ausserdem kann eine grössere Bank unter Umständen auch kostengünstiger arbeiten, weil sie zum Beispiel die IT-Plattformen effizienter nutzen kann – dank des Grössenvorteils.
Sind die Übernahmen für Unicredit auch mit Risiken behaftet?
Zwei Unternehmen zusammenzuführen, birgt immer auch Gefahren. Gerade bei Banken zeigt die Geschichte, dass die Kosten für Fusionen schnell aus dem Ruder laufen können. So müssen zwei Organisationen und verschiedene Informatiksysteme zusammengeführt werden. Im Fall einer Übernahme der Commerzbank durch die Unicredit kommen auch noch kulturelle und sprachliche Hürden dazu.
Welche Risiken bestehen für die Kundinnen und Kunden und die Staaten?
Grundsätzlich kann man sagen: Je grösser eine Bank ist, desto grösser ist auch die Gefahr für die Allgemeinheit, die von der Bank ausgeht, falls sie ins Straucheln gerät (Stichwort: Too-big-to-fail-Problematik). Es gibt auch handfeste Risiken. Ein Beispiel: Unicredit hat dem italienischen Staat viel Geld geliehen. Das ist für die Bank attraktiv, da sie wegen der angeschlagenen Kreditwürdigkeit Italiens relativ hohe Zinsen kassiert. Sollte Italien aber plötzlich in Zahlungsschwierigkeiten geraten, könnte dies die Bank in Schieflage bringen. Besässe Unicredit dann auch noch die Commerzbank, wäre ein Überschwappen der Krise auf Deutschland wahrscheinlicher.
Wie geht es jetzt weiter?
Der Unicredit-Chef und ehemalige UBS-Manager Andrea Orcel will vorwärtsmachen: Im Fall des Banco BPM will er die Übernahme bis im Sommer 2025 abschliessen und die Bank dann innerhalb nur eines Jahres in die Unicredit integrieren. Orcel betont, dass er nach wie vor Interesse an der Commerzbank habe. Er wolle die Bank aber nicht gegen den Willen der deutschen Regierung übernehmen. Diese hält immer noch 12 Prozent an der Bank und hat sich gegen eine «feindliche Übernahme» aus Italien ausgesprochen. Auch das Management der Commerzbank will eigenständig bleiben. Sowohl bei der Commerzbank, als auch beim Banco BPM müssen letztlich die Eigentümer, also die Aktionärinnen und Aktionäre, entscheiden.