Die Credit Suisse steht derzeit beispielhaft für ein Unternehmen, das seit Monaten negativ in den Schlagzeilen steht – sei es mit Verlusten oder Managementfehlern. Das hat nicht nur Auswirkungen auf den Aktienkurs und die Reputation, sondern auch auf die Mitarbeitenden der Bank.
Der negative Grundtenor drücke auf die Stimmung, sagt Michael von Felten, Präsident des Schweizerischen Bankpersonalverbands: «In direkten Kontakten mit Mitarbeitenden stelle ich immer wieder fest, dass sich ein gewisser Sarkasmus und Zynismus breitmacht. Nicht nur bei der CS, sondern auch bei anderen Banken, die in schwierigen Situationen gewesen sind.»
Wenn der Frust überhandnimmt
Oft seien die Witze und spöttischen Bemerkungen der Betroffenen nicht wirklich ernst gemeint, ergänzt von Felten. Aber es brauche doch relativ viel, bis ein Bankangestellter solche Sprüche mache. Unabhängig von Unternehmen oder Branchen gilt: Mitarbeitende, die sich mit ihrem Arbeitgeber identifizieren, kommen psychologisch unter Druck.
In direkten Kontakten mit Mitarbeitenden stelle ich immer wieder fest, dass sich ein gewisser Sarkasmus und Zynismus breitmacht.
Um mit dem Druck umzugehen, entwickelten Mitarbeitende meist zwei Strategien, sagt Michael Zirkler, Professor und Leiter der Fachgruppe Organisationsentwicklung- und Beratung am Departement Angewandte Psychologie der ZHAW: Die einen spalten sich von negativen Berichten ab und sprechen von Fake News. Die anderen hören hin und lassen sich beeinflussen. «Gerade auch die Leute bei den Banken machen sich Sorgen um ihre Jobs. Wer Möglichkeiten im Markt hat, prüft seine Optionen», erklärt Zirkler.
Was können Mitarbeitende und Chefs tun?
In den Augen des Psychologen ist es auf jeden Fall besser, sich nach neuen Arbeitgebern umzusehen, als zu resignieren und sich als Opfer der Umstände zu fühlen: «Ein Rat ist, das Heft selber in die Hand zu nehmen – im Wissen, dass in gewissen Branchen viel Dynamik drin ist», so Zirkler. Eine Dynamik, die durch negative Schlagzeilen noch befeuert wird.
Ein Rat ist, das Heft selber in die Hand zu nehmen – im Wissen, dass in gewissen Branchen viel Dynamik drin ist.
Was aber könnten Betriebsleitungen tun, um ihre Mitarbeitenden nicht an die Konkurrenz zu verlieren? Das komme auf die konkreten Inhalte der Schlageilen an, sagt Gudela Grote, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der ETH Zürich: «Ist es etwas Negatives, dass die Belegschaft mit verändern kann, ist ein Aufruf zu besonderem Engagement oft das Richtige – mit der einfachen Botschaft ‹Kopf hoch›».
Richtiger Umgang mit Fehlern und Informationen
Doch dann muss das Management laut Grote auch offen sein für Lösungen, die Mitarbeitende vorschlagen. Wie offen eine Unternehmenskultur im Umgang mit Fehlern und Informationen sei, spiele an sich eine grosse Rolle: «Wenn ich aus der Zeitung lesen muss, wie es meinem Unternehmen geht, ist das nochmals eine ganz andere Dimension. Da wird eher Misstrauen erzeugt und die Tendenz zum Unternehmenswechsel steigt.»
«Wenn ich aus der Zeitung lesen muss, wie es meinem Unternehmen geht, ist das nochmals eine ganz andere Dimension.
Verlassen aber viele Mitarbeitende das Unternehmen, bringt das neue negative Schlagzeilen. Ein Teufelskreis also. Auch bei der Credit Suisse könnte die Abwärtsspirale weiterdrehen, denn es steht ein Stellenabbau im Raum. Noch ist nicht klar, wer betroffen ist. Einige werden wohl kaum abwarten und sich bereits jetzt nach neuen Möglichkeiten umschauen.