Sie stehen – oder entstehen – an bester Lage. Und sie könnten dereinst viel Ertrag abwerfen. Zumindest theoretisch. Die Rede ist von grossangelegten Bauprojekten wie dem «Elbtower» in der Hamburger Hafencity. In den Elbtower hat René Benko mit seiner Signa-Gruppe kräftig investiert. Doch nun stehen auf der Baustelle die Maschinen still. Signa ist vom Ruin bedroht.
Das Problem: Benkos Imperium ist auf Kredite gebaut. Und diese Kredite wiegen nun immer schwerer. Schuld daran sind die Baukosten und die Zinsen. Beide sind massiv gestiegen, gerade auch in Deutschland, weil die Europäische Zentralbank die Inflation mit Zinserhöhungen bekämpft hat.
Experte Daniel Stocker vom international aktiven Immobilienberatungsunternehmen Jones Lang LaSalle kennt das Problem: «In der Regel dauert so ein grosses Immobilienprojekt mehrere Jahre. Wenn in dieser Zeit die Bauteuerung wie in Deutschland um 30 Prozent oder mehr ansteigt, geht die ursprünglich aufgestellte Kalkulation nicht mehr auf.»
Das Risiko war schon lange bekannt. Nun materialisiert es sich im Fall Signa. Finanzkreise spekulieren darüber, wie lange es noch dauert bis zum Bankrott der Gruppe. Eine erste Signa-Tochter in Deutschland hat bereits ihre Insolvenz erklärt.
Massives Klumpenrisiko
So kompliziert und verworren die Lage von Benkos Firmengeflecht erscheint, so simpel ist das Prinzip der Kreditklemme: Zum einen verteuern sich die Bauprojekte, zum anderen wollen die kreditgebenden Banken mehr Geld und zusätzliche Sicherheiten sehen. Da wird es rasch einmal eng, wie Stocker erklärt: «Es kostet Sie nicht nur mehr, das Vorhaben fertigzustellen. Sie müssen der Bank für den Kredit auch noch viel mehr bezahlen, weil die Zinsen gestiegen sind.»
Die Bank Julius Bär hat reagiert: Sie bestätigte am Montag, gut 600 Millionen Franken Kredit gewährt zu haben – an drei verschiedene Einheiten im Signa-Konglomerat. 70 Millionen davon hat die Bank bereits abgeschrieben. Doch die Verluste aus diesem Klumpenrisiko könnten sich noch massiv ausweiten, sagen Finanzanalysten.
Das heisst: Sollte der Grossschuldner Signa ganz zusammenbrechen, wären die Darlehen teilweise massiv gefährdet. Schlimmstenfalls wären sie mehr oder weniger wertlos. Signas Bauprojekte nützen den Gläubigerbanken im Krisenfall nämlich nur dann wirklich etwas, wenn sich die Immobilienobjekte finanziell durch die Bank verwerten lassen. Beispielsweise, indem die Bank die Objekte an Dritte verkauft.
Totalverlust «unwahrscheinlich»
«Im Falle der aktuell in den Medien genannten Immobilienentwicklungen geht es um hochwertige Lagen mit grosser Qualität. Es ist unwahrscheinlich, dass es hier zu einem Totalverlust kommt», sagt Experte Stocker. Doch bei nicht hypothekarisch besicherten Krediten ist die Ausgangslage deutlich kritischer. Wie schlimm es im Fall Signa wird, ist offen. Aber Stocker rechnet damit, dass es weitere Krisenopfer in der Immobilienbranche geben könnte. Signa sei kaum ein Einzelfall.
Sicherlich hätten auch andere lange von den tiefen Zinsen profitiert, schliesst Stocker: «Jetzt hat das Marktumfeld komplett gedreht. Andere, die ähnlich unterwegs waren, werden das auch spüren.» Den Investoren in gewerbliche Grossbauten stehen somit schwierige Zeiten bevor. Vor allem jenen, die stark von Krediten abhängig sind.