Klimaschutz könnte attraktiver sein, findet ein Start-up-Unternehmen. Es will, dass Klimaschutz selbst einen Wert erhält. Deshalb gibt es in der Schweiz eine neue Währung, die Tocos. Wirtschaftsredaktor Klaus Ammann beantwortet die wichtigsten Fragen dazu.
Was ist die Idee hinter der neuen Währung?
Die Gründer der Toco AG sind überzeugt, dass mehr Geld nötig ist im Kampf gegen die Klimakrise, v.a. in den Entwicklungsländern. Tocos sollen Menschen eine Möglichkeit bieten, quasi nebenbei Klimaschutzaktivitäten zu finanzieren. Das Geld, mit dem Leute Tocos kaufen, wird in Klimaschutzzertifikate investiert.
Wie funktionieren Tocos genau?
Auf einer App können Tocos mit einer Kreditkarte gekauft werden. Diese Tocos wiederum können in Betrieben zum Bezahlen verwendet werden, über einen QR-Code, der mit dem Mobiltelefon gescannt wird. Das Geld für den Kauf der Tocos fliesst an die sogenannte «Carbon Reserve». Das ist eine Non-Profit-Organisation, die mit dem Geld Klimaschutzzertifikate kauft, die sie zuvor eingehend prüft, um sicherzustellen, dass sie halten, was sie versprechen.
Warum die Bezeichnung «Toco»?
Der Begriff steht für «ton of CO₂». Ein Toco kostet derzeit rund 25 Schweizer Franken. Das entspricht dem mittleren Preis, den die erwähnte Carbon-Reserve für die Kompensation einer Tonne CO₂ bezahlt. Die Idee ist, dass der Preis bzw. der Wert der Tocos mit der steigenden Nachfrage steigt.
Wo gibt es Tocos und wo kann damit bezahlt werden?
Bisher können Tocos in einer Handvoll Geschäften in Zürich und in Kopenhagen zum Bezahlen verwendet werden. Die Tocos AG sucht stetig nach neuen Teilnehmern. Damit das System funktioniert, ist es wichtig, dass beispielsweise die Bar, die Tocos akzeptiert, irgendwann mit den Tocos auch ihre Lieferanten bezahlen kann. Tauscht die Bar nämlich ihre Tocos wieder in Schweizer Franken um, sind diese für den Klimaschutz wieder verloren.
Ist die Idee wirklich neu?
Nein. Ganz neu ist die Idee nicht. Es hat in der jüngeren Vergangenheit schon ähnliche Versuche gegeben, die allerdings nicht zum Fliegen gekommen sind. Zudem gibt es die Idee einer ähnlichen Währung, die von Zentralbanken gestützt würde. Diese Idee hat der Climate-Fiction-Autor Kim Stanley Robinson in seinem Bestseller «Das Ministerium für die Zukunft» bereits 2020 entwickelt. Die Initianten der Tocos sind aber überzeugt, dass ihre private Initiative schneller funktioniert.
Was halten Klimaschützer und Ökonominnen davon?
Diejenigen, die sich damit eingehend befassen, stehen der Idee grundsätzlich positiv gegenüber, weil die Notwendigkeit, dass mehr Geld in den Klimaschutz fliessen soll, unbestritten ist. Als Herausforderung sehen sie vor allem das Vertrauen, das zuerst (wieder) geschaffen werden muss, in den Markt der CO₂-Zertifikate. Auf diesem Markt sind die Preise derzeit im Keller, nachdem viele Projekte nicht gehalten hatten, was sie versprachen. Bemängelt wird auch, dass bisher kein Mechanismus vorgesehen ist, mit dem regelmässig eine gewisse Anzahl Tocos stillgelegt würde. So besteht immer die Gefahr, dass am Schluss nichts herausschaut für den Klimaschutz, wenn alle Tocos dereinst wieder gegen nationale Währungen eingetauscht werden.
Wie verdient das Start-up dahinter Geld?
Inhaber von Tocos bezahlen beim Einkaufen mit der neuen Währung eine Kommission von derzeit einem Prozent. Damit finanziert die Tocos AG ihre Aktivitäten. Betriebe, die Tocos akzeptieren, bezahlen – anders als bei Kreditkarten oder Twint – keine Kommission.