- Die Migros musste im Jahr 2022 einen Rückgang des Reingewinns um mehr als 30 Prozent auf 459 Millionen Franken hinnehmen.
- Die Rentabilität habe unter den starken Kostensteigerungen, insbesondere bei den Rohstoffen, gelitten, teilte die Genossenschaft an ihrer Bilanzkonferenz mit.
Die Migros erlitt den Gewinntaucher trotz eines Rekordumsatzes im letzten Jahr. Im Vorjahr hatten noch 668 Millionen Franken in der Kasse geklingelt, wenn Firmenverkäufe herausgerechnet werden.
Schuld am Gewinneinbruch seien die gestiegenen Kosten, teilte die Migros mit. Diese hätten alleine in der Industrie für Rohstoffe, Verpackung und Energie mit 250 Millionen Franken zu Buche geschlagen.
Weniger Umsatz in den Läden
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Insgesamt hat die Migros im vergangenen Jahr beim Umsatz erstmals die Marke von 30 Milliarden Franken geknackt, wie bereits seit Januar bekannt ist. Konkret stieg der Umsatz der Migros-Gruppe um 4.2 Prozent auf 30.1 Milliarden Franken. Haupttreiber dafür war die Erholung in jenen Bereichen, die unter der Pandemie besonders gelitten hatten: allen voran das Reise- und Freizeitgeschäft sowie die Gastronomie. Auch das Wachstum im E-Commerce trug zur positiven Entwicklung bei. Dagegen machten die Migros-Läden, welche von Corona-Effekten profitiert hatten, weniger Umsatz. In der Summe blieb der Detailumsatz aller Unternehmen der Migros-Gruppe in der Schweiz mit 24.7 Milliarden Franken gegenüber dem Vorjahr stabil. Weil aber die Kosten gestiegen sind, sank die Marge und damit der Gewinn.
Die höheren Kosten konnten nur zum Teil mit Preiserhöhungen kompensiert werden und so sind die Margen weiter geschrumpft.
Schwerfällige Strukturen
Dass das Geschäft mit dem Detailhandel bei der Migros kaum rentiert, hat auch mit hausgemachten Problemen zu tun – die oft kritisierte veraltete Struktur. Innerhalb der Migros-Gruppe werden die zehn regionalen Genossenschaften als eigenständige Einheiten geführt.
Jede Genossenschaft verfügt über eine eigene Führung sowie eigenen Einkauf, Vertrieb und Organisation – eine kostspielige Angelegenheit. Geprüft wird nun eine neue Struktur, um die Abläufe zu vereinfachen.
Einschätzung von SRF-Wirtschaftsredaktor Matthias Pfander
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Der grösste Detailhändler der Schweiz hat ein Problem – oder genau genommen gleich mehrere. Hausgemachte und exogene. Im Kerngeschäft sinkt die Ertragskraft schon lange. Jetzt kommt die Teuerung dazu, die höhere Kosten mit sich bringt, die sich nicht einfach an die Kunden mittels höherer Preise weitergeben lassen. Die Margen sinken deshalb. Und der Boost durch die Pandemie, der die Nachfrage ankurbelt, ist abgeebbt. Mehr noch: Die geopolitischen Unsicherheiten und die getrübte Aussicht auf die konjunkturelle Entwicklung drücken auf die Konsumentenstimmung.
Der Umbau der verkrusteten Migros-Struktur mit den starken regionalen Genossenschaften und der Verwaltung in Zürich ist zwar angelaufen, doch es wird noch dauern, bis hier Resultate vorliegen. Im besten Fall für die Migros beschleunigt das die Abläufe, schafft Synergien und hilft damit, die Kosten zu senken.
So gesehen kommt der bevorstehende Wechsel an der Spitze des Konzerns zu einem guten Zeitpunkt. Es war wohl der letzte grosse öffentliche Auftritt des abtretenden Migros-Chefs Fabrice Zumbrunnen. Ab 1. Mai tritt dessen designierter Nachfolger, Denner-Chef Mario Irminger, sein Amt an. Er hat die Discount-Tochter der Migros ausgemistet und zurück auf die Spur gebracht – in Zeiten von zunehmender Konkurrenz durch die deutschen Konkurrenten Lidl und Aldi.
Irminger hat nun die Aufgabe, sein Geschick im um Faktoren grösseren Migros-Gebilde unter Beweis zu stellen. Ein nicht zu unterschätzendes Risiko für ihn: Er könnte zwischen den starken Regionalfürsten der Migros, den Leitern der regionalen Genossenschaften – mit einer Ausnahme allesamt Männer – zerrieben werden. Dem Vernehmen nach scheiterte Noch-Chef Zumbrunnen genau an diesem Punkt. Sollte sich sein Nachfolger hier nicht durchsetzen können, bleibt die Migros noch viel länger eine Grossbaustelle.
Für den abtretenden Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen gibt es «viel Potenzial», hier Kosten einzusparen: «Das sind die Pisten, die verfolgt werden müssen.» Die Genossenschaften sollen also näher zusammenrücken.
Wie soll die Migros in Zukunft aussehen?
Doch dabei gibt es auch ein Gerangel um Kompetenzen – ein Tauziehen zwischen der Zentrale in Zürich und den zehn regionalen Genossenschaften. Zumbrunnen hat inzwischen denn auch das Handtuch geworfen und vor ein paar Monaten den Rücktritt angekündigt. Ende April ist Schluss für ihn bei der Migros. Sein Nachfolger wird der derzeitige Chef von Denner, Mario Irminger.
Im Detailhandel, dem Kerngeschäft, hat die Migros zu kämpfen – dass die Gruppe dennoch einen Gewinn von 459 Millionen Franken macht, hat vor allem mit dem guten Ergebnis der Migros-Bank zu tun. Ohne sie wäre der Gewinn viel tiefer.
SRF 4 News, 28.03.2023, 11 Uhr
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