In der Schweiz waren im April über 150'000 Personen arbeitslos. Das zeigen die jüngsten Zahlen, die das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) publiziert hat. Das ist ein Anstieg um 43 Prozent im Vergleich zum April vor einem Jahr. Laut Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit, sind gewisse Branchen und Regionen besonders betroffen – wegen der Massnahmen des Bundesrats.
SRF News: Wie beeinflusst die Coronakrise die Arbeitslosenzahlen?
Boris Zürcher: Dadurch, was am 16. März passiert ist. Es wurden Betriebe geschlossen. Es kam zu einem grossen Einstellungsstopp. Die Unternehmen mussten ihre Perspektiven revidieren und haben niemanden mehr eingestellt. Leute mussten hinten anstehen, vor allem jüngere, die neu in den Arbeitsmarkt eintraten. Sie stehen nun sprichwörtlich vor geschlossenen Toren. Und im ersten Moment war es sicher auch so, dass die flexibel angestellten Personen, die Arbeit auf Abruf leisten, befristete Angestellte, temporäre, aber auch saisonal Angestellte entlassen wurden.
Das Bündnerland, das Wallis und das Berner Oberland sind deutlich stärker betroffen von der Zunahme der Arbeitslosigkeit.
Wir haben zudem einen abrupten Abbruch der Skisaison erlebt. Viele Leute, die in diesen Bereichen in den Bergkantonen angestellt waren, wurden praktisch von einem Tag auf den anderen entlassen. Wir sehen das in den regionalen Zahlen. Das Bündnerland, das Wallis und das Berner Oberland sind deutlich stärker betroffen von der Zunahme der Arbeitslosigkeit.
Wir haben die Zahlen vom 30. April: 3.3 Prozent. Ist die Zahl der Arbeitslosen jetzt, eine Woche später, weiter gestiegen?
Ja, die Zahl steigt im Moment um etwa knapp 1000 Personen pro Werktag. Aber das ist eine Halbierung jenes Anstiegs, den wir unmittelbar nach dem 16. März feststellen mussten. Dann waren es teilweise sogar über 2500 Anmeldungen pro Tag auf den RAV. Der Anstieg verlangsamt sich allmählich.
Neben den Tourismusregionen sind auch die Westschweiz und das Tessin besonders stark von Arbeitslosigkeit betroffen...
Ja. Die Betroffenheit korreliert mit der Verbreitung der Covid-Erkrankungen. Das Tessin und die Westschweiz waren deutlich stärker von diesem Virus betroffen. Dort sehen wir entsprechend auch eine stärkere Zunahme der Arbeitslosigkeit. Von daher gibt es schon ein sehr konsistentes Bild.
Nach Branchen betrachtet, wo sind die Zahlen besonders gestiegen?
Die branchenmässige Verteilung widerspiegelt auch die Massnahmen des Bundesrates, darunter die Schliessungsbefehle, aber auch die erschwerten Umstände, unter denen gearbeitet wird. Von daher ist auch das kein wirklich überraschendes Bild. Bei der Kunst-, Unterhaltungs- und Erholungsbranche, der Gastronomie und Hotellerie sind die Zahlen deutlich stärker gestiegen.
Anfang Woche hat das Seco mitgeteilt, dass 1.9 Millionen Personen Kurzarbeit angemeldet haben. Haben Sie schon erste Erkenntnisse darüber, ob diese Anmeldungen auch alle ausgelöst werden?
Das können wir im Moment noch nicht sagen. Eine Prognose, wie sich das weiterentwickeln wird, ist sehr schwierig. Ich gehe davon aus, dass sehr viele Unternehmen sich vorsichtshalber schon mal angemeldet haben.
Es ist dem Betrieb überlassen, wie stark er aus dieser Kurzarbeit auch Nutzen zieht.
Das ist ja auch der Sinn der Kurzarbeit. Man kriegt eine Bewilligung. Man kann Kurzarbeit einführen. Dann ist es dem Betrieb überlassen, wie stark er aus dieser Kurzarbeit auch Nutzen zieht. Beispielsweise im Gastgewerbe wird es nahe bei 100 Prozent sein, dort konnte effektiv nicht mehr gearbeitet werden. In anderen Branchen wird sich das erst zeigen, wenn wir allmählich die Abrechnungen der ausgefallenen Arbeitsstunden verarbeiten können.
Das Gespräch führte Dario Pelosi.