Vor fünf Wochen wurde die Credit Suisse von der UBS übernommen, mit Unterstützung des Bundes. Während der Deal nun vollzogen wird, muss Finanzministerin Karin Keller-Sutter weiterhin kritische Fragen rund um die Bankenpleite beantworten.
SRF News: Der Nationalrat sagte in der ausserordentlichen Parlamentsdebatte Nein zum CS-Deal – eine persönliche Niederlage für Sie?
Karin Keller-Sutter: Nein, in der Politik muss man lernen, Dinge nicht persönlich zu nehmen, sonst hat man keine Freude mehr. Das Nein stand von Anfang an fest, weil SP und SVP vorher angekündigt hatten, dass sie nicht zustimmen würden. Für mich und den Bundesrat war wichtig, dass die Stabilität dieser Übernahme nicht gefährdet war.
Heute veröffentlichte die CS neue Zahlen. Im ersten Quartal 2023 sind Kundengelder in der Höhe von 61 Milliarden Franken abgeflossen. Hat Sie das schockiert?
Es hat mich nicht schockiert, weil es an sich klar war. Ab dem Mittwoch im März vor der Übernahme, als auch die Saudi National Bank sagte, sie investiere nicht mehr in die CS, gab es effektiv einen Bank Run. Es floss Geld in einer Geschwindigkeit ab, die man sich nicht vorstellen kann. Das war anders als in der Finanzkrise von 2008, weil man heute digital Geld abrufen kann, deshalb auch diese Beschleunigung.
Was bedeutet das in Zahlen?
Wir wussten am 19. März, also dem Tag der Übernahme durch die UBS, dass der Bund und die Nationalbank der CS schon 170 Milliarden Franken an Liquidität zur Verfügung stellen mussten.
Sie hatten bei diesem Deal Bundesgarantien von 100 Milliarden gesprochen. Wurden diese also tatsächlich gebraucht?
Fast, ja. Es wurden offensichtlich bis fast 80 Milliarden Franken der Gelder gebraucht. Das Erfreuliche ist, dass jetzt auch wieder recht viel zurückgeflossen ist. Das zeigt, dass die Partnerschaft mit der UBS – einem robusten, gut finanzierten und stabilen privaten Unternehmen, das die CS unter ihre Fittiche nahm – eine gewisse Stabilisierung bedeutet. Gleichzeitig haben sich der Staat und die Nationalbank zu Garantien, also Liquidität, verpflichtet.
Zum Vertrag mit der UBS, der ja noch nicht unterschrieben ist: Es gibt da politische Forderungen, wie Boni-Reduktionen oder eine Abspaltung der CS Schweiz. Was sagen Sie dazu?
Zuerst muss man Stabilität herstellen. Man hat jetzt ja gesehen, dass sich zwar der Geldabfluss bei der Credit Suisse stabilisiert hat, dass aber noch immer Liquidität bezogen wird. Jetzt geht es wirklich darum, den Abschluss der Transaktion störungsfrei und so schnell wie möglich über die Bühne zu bringen.
Es gibt nun Klagen von Obligationären mit sogenannten AT1-Anleihen. Droht nun eine Klagewelle, bei der auch die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zur Kasse gebeten werden?
Nochmals: Wir hatten einen Bank Run. Man kann es nicht genug oft sagen. Die Credit Suisse wäre im Verlauf des 20. März wahrscheinlich zahlungsunfähig gewesen. Es hätte einen ungeordneten Konkurs der Bank gegeben, mit allen volkswirtschaftlichen Schäden.
Die AT1-Darlehen sind Hochrisikoanleihen, die nach der letzten Finanzkrise gemacht wurden, damit man diese verwerten kann, um das Kapital einer Bank zu verstärken. Und das hat man jetzt gemacht. Die Finma hat diese AT1-Darlehen abgeschrieben. Wir haben den Eindruck, wir seien auf der sicheren Seite, weil auch im Prospekt geschrieben steht, dass diese Darlehen bei einer staatlichen Unterstützung verwertet werden können.
Das Gespräch führte Reto Lipp.