Dunkelblauer Anzug, weisses Hemd, blau gemusterte Kravatte und zur Zierde schwarz-goldene Manschettenknöpfe. So präsentierte sich Colm Kelleher am vergangenen Sonntag den Medien. Während die Magistraten erklären, dass die UBS die Credit Suisse schlucken soll, sitzt er ruhig da. Ganz Pokerface.
Er wird künftig für über 120'000 Mitarbeitende verantwortlich sein. Ihm sei bewusst, dass die kommenden Tage und Woche vor allem für die Mitarbeitenden schwierig würden. Und verspricht: «Lassen Sie mich Ihnen versichern, dass wir unser Möglichstes tun werden, um diese Zeit der Ungewissheit so kurz wie möglich zu halten.» Was das genau heisst, ist unklar.
Er spricht von der konservativen Strategie der UBS, die gerade die grösste Übernahme in ihrer Firmengeschichte besiegelt hat und versichert, dass die UBS «rock solid» bleiben werde.
Es ist nicht das erste Mal, dass er eine Bank durch stürmische Zeiten lenkt: Der ehemalige Wallstreet-Banker Kelleher führte die US-Bank Morgan Stanley als Finanzchef durch die Finanzkrise von 2008.
Darum sei Kelleher bei der Medienkonferenz so ruhig gewesen, sagt Dirk Schütz. Der «Bilanz»-Chefredaktor konnte als einer von wenigen deutschsprachigen Journalisten ein grosses Interview mit Kelleher führen: «Diese Ruhe, die er sich in der langen Krise erlernt hat, hat er jetzt nochmals angewendet.»
Kelleher ist Investmentbanker, aber nicht der Typ schillernder Spekulant. Sondern getreu seinem eigenen Motto «Banker sollten langweilig sein». Schütz hat Kelleher als offenen Menschen kennengelernt, der gern auf Leute zugeht.
Vom Historiker zum Banker
Geboren wurde Kelleher am 30. Mai 1957 in Südirland in eine sehr katholische Familie. Die Kellehers zogen aber schon bald aus dem armen Irland nach Nordengland, wo sein Vater eine Arztpraxis führte. Bildung habe sein Leben verändert, erklärt Colm Kelleher an einer Wohltätigkeitsveranstaltung. Als eines von neun Kindern sei er auf ein von christlichen Brüdern geführtes Gymnasium gegangen. Und die Universität habe ihm eine Karriere ermöglicht, die sonst nicht denkbar gewesen wäre.
Kelleher studierte in Oxford Geschichte und wollte eigentlich doktorieren. Für die Wissenschaft sei er aber nicht clever genug gewesen, sagte er der «Business Times Singapore». Also stieg er bei einer kleinen Bank in London ein. Dem Bankgeschäft ist er seither treu geblieben.
Drei Jahrzehnte bei Morgan Stanley
Nach einem Abstecher in die Wirtschaftsprüfung arbeitete er sich während 30 Jahren bei der US-Bank Morgan Stanley zur Nummer zwei hoch, als «President» hatte er das gesamte Tagesgeschäft. Vor drei Jahren wollte er sich dann eigentlich pensionieren lassen.
Verdient habe Kelleher genug bei Morgan Stanley, sagt «Bilanz»-Chefredaktor Schütz: «Nahe an den Märkten und der Aktualität wichtige Entscheide treffen – das treibt ihn an.» Und weil er so gerne arbeitet, ist der langweilige Banker jetzt unversehens wieder im Rampenlicht.