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Ist eine neue Finanzkrise in Sicht?
Aus Echo der Zeit vom 27.11.2018. Bild: Imago
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Déjà-vu auf den Finanzmärkten Nichts gelernt aus der grossen Finanzkrise?

Experten befürchten eine neue Krise. Auslösen könnten sie verschuldete Unternehmen.

Unternehmen brauchen Kapital, um erfolgreich zu sein. Um sich genügend Kapital zu beschaffen, verschulden sich Firmen. Schuldenmachen ist grundsätzlich normal. Doch jüngst sind die Unternehmensschulden regelrecht explodiert. Marc Chesney, Finanzprofessor an der Universität Zürich, sagt: «Schulden sind ein Geschäft geworden.»

Die Zinsen waren verlockend tief

Es ist ein Business, das von den tiefen Zinsen aufgebläht wurde. Kredite kosteten fast nichts. Nun aber steigen die Zinsen und damit steigt die Gefahr, dass Firmen ihre Schulden nicht mehr bedienen können. Alleine in den USA schleppen Unternehmen 9000 Milliarden Dollar Schulden mit sich herum, fast doppelt so viel wie vor zehn Jahren. Chesney warnt: «In hohen Dosen sind Schulden toxisch. Doch der heutige Finanzsektor ist von dieser Droge abhängig.»

Die Kreditvergabe ist eine riskante Droge: Am grössten ist das Risiko dort, wo Kredite an Unternehmen vergeben wurden, die zum Zeitpunkt der Kreditvergabe schon knapp bei Kasse waren. Weltweit sind schon 1300 Milliarden Dollar riskante Kredite vergeben worden.

Kredite ohne Netz

Diese Milliardenkredite erhielten die Firmen gar, ohne den Geldgebern die üblichen Sicherheiten anzubieten. Darunter versteht man zum Beispiel regelmässige Rückzahlungen, das Einhalten einer maximalen Verschuldungsgrenze oder ein Verzicht, Dividenden auszuzahlen.

Je weniger Sicherheiten eine Firma für einen Kredit bieten muss, desto höher die Rendite für die Investoren. Die Folgen könnten verheerend sein. Genau gleich wie die Ramschhypotheken vor zehn Jahren werden auch diese riskanten Firmenkredite heute gebündelt und in neue Finanzprodukte verpackt. Danach werden diese Vehikel in Tranchen an Anleger weiterverkauft. Das Prozedere nennt sich am Finanzmarkt Verbriefung.

Die verbrieften Firmenkredite sind auch für Privatanleger attraktiv, weil sie gut verzinst sind. Sie sind aber nur schwach reguliert und können nur schwer wieder verkauft werden. Die Privatanleger sind sich dessen kaum bewusst.

Gross mit im Geschäft bei diesen Verbriefungen sind Investmentbanken wie die Credit Suisse (CS). Sie reden das Risiko klein. In einem Brief an ihre US-Investoren schreibt die CS, man habe alles im Griff. Gegenüber Radio SRF wollte die Grossbank keine Stellung nehmen.

Lehren bereits vergessen

Finanzprofessor Chesney hält den Vergleich mit der Finanzkrise von 2008 deshalb für zulässig: «Wie vor zehn oder zwölf Jahren ist das System nicht nachhaltig und sogar instabil.»

Janet Yellen, frühere Chefin der US-Notenbank, sagte gegenüber der «Financial Times», man habe die Lektion aus der Finanzkrise bereits wieder vergessen. Der Boom bei den Verbriefungen von schlechten Firmenkrediten bedrohe das gesamte Finanzsystem, glaubt Yellen.

Der Spezialist Ian Perrin von Moody's sieht allerdings Unterschiede zur letzten Finanzkrise. Investoren seien diesmal besser informiert als bei der Verbriefung von Hypotheken. Und die Schuldner seien diesmal Unternehmen, nicht Hausbesitzer. Deshalb glaubt Perrin, die Anleger wüssten heute ziemlich genau, was sie kaufen.

Droht ein Flächenbrand?

Experten wie Janet Yellen und Marc Chesney befürchten trotzdem, dass es einen Flächenbrand geben könnte, nicht nur, weil die Zinsen momentan steigen. Auch die nächste Rezession, die sich bereits abzeichnet, könnte bei vielen dieser überschuldeten Firmen dazu führen, dass sie ihre Zinslast nicht mehr tragen können.

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