Die deutsche Wirtschaft wächst nicht mehr. Insbesondere ihre Automobilindustrie steckt in der Krise.
Das Problem für die Schweiz: Ihre Industrie ist von der deutschen stark abhängig. 23 Prozent ihrer Güter gehen ins nördliche Nachbarland. Zwischen Januar und September 2024 sind die Exporte um 8 Prozent gesunken.
«Das ist ein extremer Rückgang», sagt Stefan Brupbacher, Direktor des Verbands Swissmem. Die Schweizer Industriellen blickten «mit sehr grosser Sorge nach Deutschland.»
Er führt die deutsche Krise als einen der Gründe an, weshalb Schweizer Firmen wieder vermehrt Kurzarbeit einsetzten. Das ist in seinen Augen problematisch: «Oftmals ist Kurzarbeit, wenn der Aufschwung nicht kommt, der Vorbote eines Stellenabbaus.»
Dennoch stellt er fest, dass sich Schweizer Firmen sehr flexibel gezeigt hätten. Sie hätten etwa in neue Technologien investiert. Das Ergebnis einer von Swissmem durchgeführten Studie: «Unsere Firmen haben sich besser geschlagen, als sie vor vier Jahren gedacht hätten.»
Stefan Brupbacher macht einen gewichtigen Unterschied zwischen der Schweizer und der deutschen Wirtschaft aus. In der Schweiz bestehe ein jahrzehntealter Pakt: «Statt hohen Subventionen für einzelne Firmen, die nach drei Jahren wieder gestrichen werden, geben wir möglichst gute Rahmenbedingungen für alle Firmen.» Auf diese Verlässlichkeit müsse man acht geben.
Anders in Deutschland. Ökonom Klaus Wellershoff kritisiert die deutsche Regierung. Manchmal müsse man zwar Rahmenbedingungen verändern, Stichwort Klimawandel.
Aber: «Die Politik hat zusätzlich verunsichert.» Aus der «Fortschrittskoalition», wie sich die Regierung zu Beginn bezeichnet habe, «ist eine Koalition des Stillstands geworden, weil die Politik die Gesetze dann auch noch richtig schlecht gemacht hat».
Die Flexibilität, sich schnell anzupassen, ist gar nicht gegeben.
Er streicht heraus, dass in der Schweiz nicht nur ein flexibler Arbeitsmarkt herrsche, sondern dass auch die Institutionen flexibel seien. «Wenn man sich in Deutschland die Mitbestimmung anschaut, dann haben alle Betriebe über 2000 Mitarbeiter einen Verwaltungsrat, der zur Hälfte aus Gewerkschafts- und Arbeitnehmervertretern und zur Hälfte aus Vertretern der Kapitalgeber zusammengesetzt ist.»
So gehörten etwa 20 Prozent der VW-Stimmen auf Kapitalseite dem Land Niedersachsen. «Da entsteht natürlich eine schwierige Diskussion. Und die Flexibilität, sich schnell anzupassen, ist gar nicht gegeben.»
Flexibilität und Verlässlichkeit kommen den Schweizer Unternehmen in diesen Zeiten zugute. Glaubt man den beiden Wirtschaftsfachmännern, so hat der vielfach zitierte Satz – «Wenn Deutschland hustet, hat die Schweiz Fieber» – nicht mehr seine Richtigkeit. Deutschland hat es eindeutig stärker erwischt.