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Eignerstrategien für Versorger Welche Ziele für die öffentlichen Stromversorger?

Nach dem Nein zur neuen Axpo-Strategie in Schaffhausen steht die Frage im Zentrum, wie die öffentliche Hand ihre Interessen bei den Stromversorgern in ihrem Besitz wahrnehmen soll und kann. Eine immer wichtigere Rolle spielen dabei sogenannte Eignerstrategien. Thomas Wälchli hat sich ausgiebig mit solchen Strategien befasst und eine Studie dazu publiziert.

Thomas Wälchli

Leiter Fachbereich Nachhaltige Energienutzung SES

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Thomas Wälchli ist Leiter des Fachbereichs Nachhaltige Energienutzung bei der Schweizerischen Energiestiftung SES.

SRF News: In der Schweiz sind die meisten Stromversorger mehrheitlich oder vollständig im Besitz der öffentlichen Hand, also von Kantonen, Städten und Gemeinden. Wie sollen diese agieren?

Thomas Wälchli: Die öffentliche Hand hat konkrete Erwartungen in der Energiepolitik, aber auch in der Standortpolitik, für die KMUs, für die Umwelt und die Biodiversität. Mit einer Eignerstrategie können die Kantone, Städte und Gemeinden den Stromversorgern diese Ziele und Erwartungen verständlich machen und dafür sorgen, dass diese auch im Einklang mit diesen Zielen handeln. Diese Eignerstrategien sind sehr wichtig.

Diese Ziele sind ja oftmals widersprüchlich: Service public, regionale Stromversorgung, aber auch möglichst hohe Gewinnausschüttungen; oder auch möglichst tiefe Strompreise versus höhere Investitionen in die Energiewende.

Ja, das ist so. Mit einer Eignerstrategie kann man solche potenziellen Konflikte frühzeitig entschärfen. Es ist wichtig, sie zu benennen und dann nach Lösungen zu suchen, gemeinsam mit dem Stromversorger, aber auch mit dem Parlament, mit der Bevölkerung, mit der Wirtschaft und den Umweltverbänden. Man kann nicht alle Konflikte immer auflösen, aber wenn man sie erkennt und auf der strategischen Ebene anspricht, kann man nach ausgewogenen Lösungen suchen.

Es sollte Anreize geben, den Strom möglichst effizient einzusetzen.

Eine Streitfrage ist auch das Engagement im Ausland. Viele grosse Versorger investieren in Kraftwerke im Ausland, oder sie betätigen sich wie die Axpo in grossem Umfang im internationalen Stromhandel. Wie soll dies geregelt werden?

Hier muss sich die Eignerin überlegen, welchen Sinn machen welche Investitionen und in welchem Umfang – und welche Risiken sind wir bereit mitzutragen? Jetzt, mit der Energiestrategie des Bundes, liegt das Augenmerk allerdings wieder vermehrt auf der Produktion von einheimischen erneuerbaren Energien in der Schweiz. Aber der internationale Stromhandel anderseits birgt immer noch gewisse Risiken, auch wenn die Preise jetzt wieder weniger volatil sind.

In der Regel gilt: Je mehr Strom ein Energiekonzern verkauft, desto mehr Gewinn erzielt er. Läuft dies nicht dem Ziel zuwider, den Strom möglichst effizient einzusetzen?

Ja, auch dies kann ein Zielkonflikt sein. Die Dekarbonisierung führt allerdings dazu, dass mehr Strom verbraucht wird, sei es für Wärmepumpen oder Elektroautos. Aber ja, es sollte Anreize geben, den Strom möglichst effizient einzusetzen. Es gibt zum Beispiel in den USA Modelle, bei denen der Gewinn abhängt von Fortschritten in der effizienten Stromverwendung. Dabei einigen sich Eigner und Stromversorger auf ein Effizienzziel.

Eine solche Strategie muss man wirklich im Dialog entwickeln.

Was bedeutet all dies nun im Hinblick auf den neuen Axpo-Vertrag, den das Schaffhauser Stimmvolk abgelehnt hat?

Das Beispiel Schaffhausen hat gezeigt, dass das Thema der Bevölkerung unter den Nägeln brennt. Eine solche Strategie muss man wirklich im Dialog entwickeln. Es wird den Menschen immer mehr bewusst, welche Bedeutung ein regionaler oder lokaler Energieversorger für den Service public hat. Und deshalb plädieren wir sehr dafür, dass man auch die Bevölkerung und andere Anspruchsgruppen frühzeitig einbindet.

Das Gespräch führte Klaus Bonanomi.

Die Studie von Thomas Wälchli zum Nachlesen:

Echo der Zeit, 25.082.2024, 18:00 Uhr ; 

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