Sie haben eine Geschäftsidee, aber kein Geld: Jungunternehmer. Erst werden Freunde und Verwandte angegangen. Da kommt selten viel zusammen. Dann halt zur Bank. Doch diese stellt kritische Fragen nach Verlustrisiken. Ebenso kritisch sind Profi-Investoren. Seit kurzem gibt es mit Krypto-Geld glücklicherweise eine neue Möglichkeit für Startups.
Blockchain-Firmen prädestiniert
Mit Krypto-Geld starten derzeit vor allem Firmen, die in der Welt des digitalen Geldes und der Finanztechnologien ohnehin schon zuhause sind. Die meisten stammten aus der Blockchain-Startup-Ecke, stellt Daniel Diemers PricewaterhouseCoopers (PwC) fest. Das Phänomen sei in den letzten anderthalb Jahren in der breiten Öffentlichkeit richtig angekommen.
Die Blockchain erlaubt es, Daten beispielsweise von Finanztransaktionen elektronisch sicher zu speichern. So ist Blockchain die Basis für Bitcoin und über tausend weitere Kryptowährungen.
Eigene Währung für eigene Idee
Doch wie kommt eine Jungfirma damit zu frischem Geld? Das Prinzip ist simpel: Das Startup kreiert selbst eine neue Kryptowährung und verkauft sie an Investoren – zumeist gegen bereits existierendes Digital-Geld wie Bitcoin. Im Fachjargon heisst das Initial Coin Offering, kurz ICO.
Die dabei entstandenen neuen digitalen Münzen sind auf Krypto-Plattformen elektronisch handelbar. Und natürlich hoffen alle Beteiligten, dass die Firma wie auch das neu lancierte Krypto-Geld ein Erfolg werden und an Wert gewinnen.
Die Schweiz – eine Krypto-Nation
Die Finanzierung über ein ICO kommt in der Schweiz häufig vor. Nur in den USA ist das ICO-Volumen noch grösser als hier. Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann will den hiesigen Krypto-Standort stärken. Er sagte auch schon, die Schweiz solle zu einer Krypto-Nation werden.
Blockchain-Experte Diemers findet es «grundsätzlich sehr toll», dass die Landesregierung eine Richtung vorgibt und quasi eine Vision an die Wand zeichnet. Die Schweiz sei diesbezüglich in einer privilegierten Lage.
Risikobereitschaft und Gier, aber auch viel Interesse
Mit der Teilnahme an einem ICO spekulierten einige Investoren zwar auf das schnelle Geld, erklärt Finanz-Professor Thomas Ankenbrand von der Hochschule Luzern. Der starke Anstieg der Kurse im letzten Jahr habe eine gewisse Gier geweckt. Doch viele potenzielle Käufer unterstützten ein Projekt, weil sie an die Idee oder an die Technologie glaubten.
Allen Beteiligten sei zugleich klar, dass hohe Risiken bestünden, meint Ankenbrand. Er fühlt sich erinnert an die Dotcom-Blase Ende der 1990er Jahre. Damals habe man von den grossartigen Möglichkeiten der Technologie gewusst, auch wenn man sie vielleicht noch nicht so genau gekannt hatte. Bei Blockchain sei des heute ähnlich. Was und wo sich das durchsetzt, werde die Zukunft zeigen.
Guter Start nach Einbruch vor Jahreswechsel
Vorderhand greifen die Investoren jedenfalls kräftig zu, wenn Firmen neue Kryptowährungen lancieren. Allein dieses Jahr gab es per Ende Juni weltweit Initial Coin Offerings für rund 14 Milliarden Dollar. Das ist doppelt so viel wie im ganzen letzten Jahr. Und dies, obwohl die Kurse für viele Kryptowährungen erst im Dezember harsch eingebrochen waren.
Eine gesunde Skepsis sei bei Krypto-Geld durchaus angebracht, sagt Thomas Puschmann, Leiter des Swiss Fin-Tech Innovation Lab der Universität Zürich. Viele Startups hätten bei einem ICO zu wenig klare Informationen über ihre Geschäftspläne veröffentlicht.
Dennoch warnt er davor, die neue Methode zur Finanzierung von Firmen voreilig abzuschreiben: «Ich glaube trotzdem, dass es in der Zukunft ein nachhaltiges Modell sein kann, wenn entsprechende Standards gesetzt werden, also auch die rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen vorhanden sind.»
Standards in Arbeit
In der Schweiz arbeiten derzeit die Behörden zusammen mit der Krypto-Finanzbranche an solchen Standards und rechtlichen Vorgaben. Das nützt den Startups. Denn sie erhalten so klare Spielregeln dafür, wie sie mit der neuen Finanztechnologie frisches Geld auftreiben können.