Unternehmer Dorian Selz hat in seiner Zürcher Firma Squirro, die ChatGPT für Firmen anwendbar machen will, immer wieder Angestellte aus Drittländern. Sein Technologie-Verantwortlicher etwa stammt aus Indien, mit Master-Abschluss an der EPFL in Lausanne. In Selz' Augen ein Glücksgriff.
«In Indien hat er einen Bachelor am Indian Institute of Technology gemacht, das ist mindestens so gut wie die ETH in Zürich oder Lausanne», sagt er. «Er ist aus einer Million Bewerbern auf den Platz 2025, oder so ähnlich, gewählt worden – also einfach einer der Besten. So hat er auch einen Platz an der EPFL bekommen. Und so ein unglaubliches Talent als Teil von einem Team zu haben, ist einfach ein Privileg.»
Dringend gesuchte Fachkräfte
Für Dorian Selz ist es unbegreiflich. Die Schweiz finanziert Studenten und Studentinnen aus Drittländern. Diese studieren vornehmlich in MINT-Fächern – Disziplinen also, deren Absolventen dringend gebraucht werden. Aber: Wenn sie nach dem Studium in der Schweiz arbeiten wollen, ist es kompliziert.
Das soll sich ändern. Heute hat der Ständerat entschieden, auf eine Vorlage einzutreten, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern soll. Dabei hatte die beratende Kommission für ein Nichteintreten gestimmt.
2021 gab es 4366 Abschlüsse von Personen aus Drittländern an Schweizer Hochschulen. Für diese und alle anderen Hochqualifizierten aus Drittländern stehen 8500 Kontingente pro Jahr zur Verfügung. Für jedes einzelne muss ein aufwändiger Prozess durchlaufen werden.
Wir mussten sein bisheriges Leben bis ins Detail dokumentieren.
Dorian Selz sagt: «Wir mussten sehr viele Dokumente einreichen: warum er so ein Hochbegabter ist, warum dieser Platz keinem vergleichbaren Kandidaten hier angeboten werden kann – nebst dem, dass wir sein ganzes bisheriges Leben bis in jedes letzte Detail dokumentieren mussten und zu keiner Zeit sicher waren, ob wir überhaupt eine Arbeitsbewilligung bekommen für ihn.»
Ein halbes Jahr habe dieser Prozess gedauert. Saurabh Jain hat die Zeit der Anstellung vor sieben Jahren ebenfalls sehr aufwändig in Erinnerung. Gleichzeitig hat er nie verstanden, weshalb es die Schweiz Menschen wie ihm so schwer macht, in den Arbeitsmarkt einzutreten.
«Studierende kommen in ein Land, bleiben zwei oder drei Jahre und lernen es kennen. Man müsste ihnen doch zumindest die Möglichkeit geben, dort auch zu arbeiten», sagt er. «Man sollte ihnen zumindest eine Möglichkeit geben, hier zu arbeiten und der Schweizer Wirtschaft nützlich zu sein. Wenn ich es richtig verstehe, werden die Universitäten mit öffentlichen Geldern finanziert. Das wäre die Gelegenheit, endlich etwas zurückzugeben. Ich finde, das ist der schlechteste Moment, um sie wieder loszuwerden.»
Laut dem Schweizerischen Arbeitgeberverband ist es notwendig, in Zeiten des Fachkräftemangels alle Quellen auszuschöpfen. Direktor Roland A. Müller sagt: «Und im Übrigen sind diese Personen auch schon integriert. Sie leben bei uns, sie studieren bei uns und geniessen teure Ausbildungen, die über Steuergelder finanziert werden, sodass es im Interesse der Gesellschaft und der Wirtschaft ist, dass sie auch bleiben dürfen.»
Gleichzeitig handle es sich um einen überschaubaren Rahmen. Es seien nicht Tausende, die hier einen Abschluss machten und anschliessend im Schweizer Arbeitsmarkt bleiben wollten.
Unternehmer Dorian Selz berücksichtigt zurzeit keine Bewerbungen aus Drittländern mehr. Zu klein sei die Chance, dass er eines der 8500 Kontingente erhalte. Das Zeichen aus Bern könnte ihn einst wieder umdenken lassen.