Ein schwarzer Porsche auf der Fahrt Richtung Flughafen. Es ist der frühe Morgen des 22. Februars 2019. Ein Freitag. Die Zielperson trägt eine schwarze Lederjacke. Später besteigt sie ein Flugzeug nach Manchester in Grossbritannien. So steht es in Dokumenten, aus deren Inhalt die «NZZ» am Dienstag publizierte.
Sie zeigen die akribische Überwachung des damaligen Personalchefs und Geschäftsleitungsmitglieds der Credit Suisse, Peter Görke. Drei Tage lang sei der CS Manager überwacht worden, heisst es. Wer die Überwachung angeordnet hat und aus welchem Grund, ist nicht bekannt. Wirtschaftsrechtler Peter V.Kunz spricht über das heikle Thema Mitarbeiterbespitzelung und dem allfälligen Schaden für die Grossbank.
SRF News: Ab wann darf ein Unternehmen einen Top-Manager überwachen?
Peter V. Kunz: Grundsätzlich ist eine Überwachung nicht illegal, es kann durchaus gute Gründe geben. Vor allem, wenn es um den Einfluss des Privatlebens auf die Arbeit geht. Vor diesem Hintergrund ist eine Überwachung zulässig.
Wo liegen die Grenzen?
Grenzen sind schwierig festzulegen, es kommt jeweils stark auf den Einzelfall an. Ob ein verheirateter Arbeitnehmer treu ist, geht den Arbeitgeber nichts an. Hat der Angestellte aber ein Suchtproblem, kann sich das auch auf die Arbeitssituation auswirken. Bei solchen Fällen hat man eher ein Interesse, dem nachzugehen.
Was ist bei einer Überwachung erlaubt?
Ist eine Person im öffentlichen Raum unterwegs, gibt es keine Grenzen. Das Öffnen der Briefpost oder das Lesen von E-Mails hingegen ist nicht erlaubt. Auch das Installieren von Überwachungsgeräten ist heikel.
Die aktuelle Überwachung der CS ist bereits die Zweite innerhalb kürzester Zeit. Was bedeutet das für den Ruf der Grossbank?
Es kann zu einem Imageschaden führen. Wenn ein Manager überwacht wird, muss man sich bewusst sein, dass das auch potenzielle neue Mitarbeiter aus dem Ausland mitbekommen. Diese Überwachung ist für neue Mitarbeiter nicht sehr motivierend.
Nach der ersten Überwachung gegen Iqbal Khan wurde untersucht, aber nichts weiter gefunden. Nun eine erneute Überwachung. Wie ist das möglich?
Bei der ersten Untersuchung wurden lediglich E-Mails gelesen und gesagt, dass nichts weiter gefunden wurde. Die Credit Suisse hat ein Reputationsproblem. Vor diesem Hintergrund gehe ich davon aus, dass sie eine breitere und unabhängigere Untersuchung machen wird.
Das Gespräch führte Pascal Schumacher.