Sobald wir die Landesgrenze passieren – abgesehen von der Liechtensteinischen – brauchen wir ihn: den Euro. Heute feiert er seinen 20. Geburtstag und ist damit rund 150 Jahre jünger als unsere Landeswährung. Mit der Einführung des Euros am 1. Januar 2002 wurde das zehnjährige Grossprojekt der Währungsunion abgeschlossen. Die neue Gemeinschaftswährung hatte auch auf die Schweiz als Währungsinsel nachhaltigen Einfluss.
Zunächst hielt sich der Euro stabil
Die Währungssituation in der Schweiz habe sich durch die Einführung des Euros insgesamt stabilisiert, sagt der Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann. «Fast alle Länder rund um die Schweiz hatten von da an die gleiche Währung. Zuvor war es so, dass immer mal wieder entweder Italien, Frankreich, Spanien oder andere Länder ihre Währung abgewertet haben.»
Bereits 2007 – fünf Jahre nach der Einführung – erreichte der Euro-Franken-Wechselkurs seinen höchsten Stand – damals musste man noch 1.70 Franken bezahlen für einen Euro. Die anfängliche Robustheit des Euros habe die Schweiz grundsätzlich überrascht. Gemäss Straumann hat man in der Schweiz zu Beginn erwartet, dass die neue Währung eher schwach sein würde.
Von der stabilen Währung zur Schweizer Exportbremse
Nach dem Höchststand wurde der Euro immer schwächer und der Kurs kannte nur noch eine Richtung: bergab.
Mit der Finanzkrise und der Eurokrise hat sich die Lage völlig verändert und wir sind jetzt in einer Lage, die völlig beispielslos ist in der Schweizer Geschichte.
Den schwachen Euro sieht Straumann als das grösste Problem für den Schweizer Franken. So haben die Euro- und die Finanzkrise die Schweiz in eine noch nie zuvor dagewesene Situation manövriert. «Wir hatten noch nie das Problem, dass wir so viele Devisen kaufen mussten, um den Schweizer Franken einigermassen stabil und wettbewerbsfähig zu halten.»
Der schwache Euro führe immer wieder zu Kapitalzuflüssen in die Schweiz, was wiederum den Franken aufwerte. «Das Problem sind die kurzfristigen Aufwertungsschübe. Wenn vom einen auf den anderen Monat zehn bis zwanzig Prozent Aufwertung stattfindet, dann ist das sehr schwierig für die Exportindustrie.»
Künftige Entwicklung des Euros sei ungewiss
Zwischenzeitlich hielt die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Wechselkurs mit unbeschränkten Devisenkäufen zwar künstlich bei der 1.2-Franken-Grenze. Eine notwendige Massnahme, wie Straumann findet. «Sonst wäre der Franken zu stark geworden.»
Die Bilanz der Nationalbank ist heute mit 1000 Milliarden grösser als das BIP der Schweiz – das hätten wir uns nie vorstellen können vor zehn oder zwanzig Jahren.
Doch auch damit war Anfang 2015 Schluss, als die SNB diesen Mindestkurs wieder aufhob. Ein Franken- und Exportschock waren die Folge. Seither gebe es ruhigere und turbulentere Phasen, und die Nationalbank sei immer wieder gezwungen zu intervenieren, so Straumann. «Die Bilanz der Nationalbank ist heute mit 1000 Milliarden (eine Billion) grösser als das Bruttoinlandprodukt der Schweiz – das hätten wir uns nie vorstellen können vor zehn oder zwanzig Jahren.»
Wie sich der Euro weiterentwickelt, sei schwierig abzuschätzen, sagt Straumann. Auf der einen Seite sei der Euro momentan zwar stabil und falle nicht auseinander. Andererseits zeigen die Negativzinsen eine nicht funktionierende Geldpolitik auf und das habe mit der Konstruktion des Euros zu tun.
Mit vier verschiedenen Währungen nach Holland
Der offensichtliche Vorteil des Euro-Bargeldes aus Schweizer Sicht: das Reisen. Denn in fast jedem umliegenden Land benötigte man früher eine andere Währung. Der Münzsammler Thomas Hediger erinnert sich: «Als ich einmal nach Holland gefahren bin, musste ich durch Frankreich, Belgien und Luxemburg und überall brauchte ich die entsprechenden Währungen.»
Ein Problem, das man seit dem 1. Januar 2002 definitiv nicht mehr kennt.